Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 394/92)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 4681/93)

 

Tenor

I. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 7. September 1993 wird abgelehnt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den genannten Beschluß wird verworfen.

III. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer kleineren Wohnanlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 18.5.1992 wurde u.a. die Jahresabrechnung für 1991 mit Gesamtausgaben von über 121 000 DM genehmigt. Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat den Antrag am 10.2.1993 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde dagegen hat das Landgericht mit Beschluß vom 7.9.1993 verworfen, weil die Beschwerdesumme des § 45 Abs. 1 WEG nicht erreicht sei. Der Beschluß des Landgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 5.10.1993 zugestellt worden.

Am 19.10.1993 ist beim Landgericht ein Schreiben der Antragstellerin vom 18.10.1993 eingegangen, in dem sie mitteilte, daß ihr der Beschluß des Landgerichts von ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 14.10.1993 zugeschickt worden sei mit der Mitteilung, daß bis zum 19.10.1993 Beschwerde zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt werden könne. Sie wolle Beschwerde einlegen; deshalb bitte sie, die Frist um 14 Tage zu verlängern. Ebenfalls am 19.10.1993 ist ein an das Bayerische Oberste Landesgericht gerichtete Schreiben der Antragstellerin eingegangen, mit dem sie vorsorglich Beschwerde einlegte und dem sie ihr Schreiben an das Landgericht beifügte.

Am 21.10.1993 hat die Antragstellerin zu Protokoll des Rechtspflegers beim Bayerischen Obersten Landesgericht sofortige weitere Beschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, in den wenigen Tagen zwischen dem 14.10.1993 und dem 19.10.1993 sei es ihr nicht gelungen, einen anderen Verfahrensbevollmächtigten zu finden, da der bisherige mitgeteilt habe, daß er die Sache nicht weiter verfolge. Daß ihr Beschwerdeschreiben nicht formgerecht sei, habe sie erst nachträglich durch Anruf des Geschäftsstellenbeamten des Bayerischen Obersten Landesgerichts erfahren. Diesen Sachvortrag hat die Antragstellerin in einer eidesstattlichen Versicherung vom 11.11.1993 wiederholt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, die am 19.10.1993 bei Gericht einging, entspricht nicht der gesetzlichen Form, die sofortige weitere Beschwerde vom 21.10.1993 ist verspätet; das Rechtsmittel ist daher insgesamt unzulässig. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nicht vor.

1. Die zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde nach § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG ist am 19.10.1993 abgelaufen (§ 17 Abs. 1 FGG, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Das am 19.10.1993 eingegangene Schreiben der Antragstellerin ist zwar fristgemäß, entspricht aber nicht der gesetzlichen Form, weil nach § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG die Beschwerdeschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein muß. Die am 21.10.1993 zu Protokoll erklärte sofortige weitere Beschwerde ist zwar formgerecht (§ 29 Abs. 4, § 21 Abs. 2 FGG), aber nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden.

2. Der Antragstellerin kann auch nicht nach § 22 Abs. 2 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dies würde nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG voraussetzen, daß die Antragstellerin ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Dabei richten sich die Anforderungen an die Sorgfalt des Rechtsmittelführers einerseits nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten, andererseits nach der konkreten Verfahrenslage (Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 22 Rn. 18 m.w.Nachw.; Stein/Jonas/Schumann ZPO 20. Aufl. § 233 Rn. 36). Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin die Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde nicht unverschuldet versäumt.

Durch die Mitteilung ihres bisherigen Verfahrensbevollmächtigten wußte die Antragstellerin ab dem 14.10.1993 (einem Donnerstag), daß ein weiteres Rechtsmittel bis zum 19.10.1993, dem folgenden Dienstag, eingelegt werden mußte. Damit stand der Antragstellerin ausreichend Zeit zur Verfügung; wegen der einzuhaltenden Form des Rechtsmittels hätte sie sich bei einer zuständigen Stelle erkundigen müssen. Wegen dieser Möglichkeit ist die Unkenntnis der Formvorschriften nicht unverschuldet (Keidel/Kuntze § 22 Rn. 23).

Abgesehen davon hätte der bisherige Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin i...

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