Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrerlaubnis
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 20.10.2020; Aktenzeichen 14 Ns 705 Js 102729/20) |
Tenor
I.
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II.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. Oktober 2020 aufgehoben, soweit dem Angeklagten die Erlaubnis zur Führung von Kraftfahrzeugen aller Art entzogen, der von der Fahrerlaubnisbehörde (Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim) unter Liste Nr. 1684/95 erteilte Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen wurde, dem Angeklagten vor Ablauf einer Frist von drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
III.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
IV.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die gemäß §§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO zulässige Revision des Angeklagten hat jedenfalls mit der erhobenen Sachrüge teilweise vorläufigen Erfolg, soweit gegen ihn die Entziehung der Fahrerlaubnis, die Einziehung des Führerscheins und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis angeordnet worden sind, da der Rechtsfolgenausspruch insoweit wegen rechtlich erheblicher Feststellungs- und Erörterungsmängel keinen Bestand haben kann (§ 349 Abs. 4 StPO).
Die weitergehende Revision des Angeklagten war als unbegründet zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Insoweit wird auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 18.3.2021 Bezug genommen.
1. Die Beschränkung des Einspruchs des Angeklagten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt a.d. Aisch vom 27.4.2020 auf den Rechtsfolgenausspruch war aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 18.3.2021 angeführten Gründen - auf die auch insoweit Bezug genommen wird - wirksam, sodass der erstinstanzliche Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.
2. Die gemäß § 69 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB verhängte Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis beruht auf lückenhaften Urteilsgründen auf der Grundlage eines unzutreffenden Prüfungsmaßstabes und ist deshalb nicht tragfähig begründet.
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend nimmt die Strafkammer an, dass gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB der Täter eines Vergehens der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Zur Widerlegung der Regelvermutung müssen besondere Umstände objektiver oder subjektiver Art vorliegen, die eine mangelnde Eignung im Zeitpunkt der Aburteilung ausschließen. Diese Gesichtspunkte können sich sowohl aus der Tat selbst (z.B. Gewicht, Anlass, Motivation) als auch aus einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters einschließlich seines Verhaltens nach der Tat ergeben (OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.9.2020 - Ss 40/20, juris Rn. 16).
Auch bei Vorliegen eines Regelfalls nach § 69 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter stets zu prüfen, ob ausnahmsweise von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden kann, weil der Angeklagte zum Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht mehr ungeeignet zum Führen eines Fahrzeuges ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.8.2004 - 1 Ss 79/04, juris Rn. 19). Das Urteil muss ergeben, dass sich der Richter dieser Möglichkeit bewusst war und eine Abwägung aller fraglichen Umstände vorgenommen hat (Burmann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Auflage 2020, StGB § 69 Rn. 21).
Vom Vorliegen solcher besonderen Umstände geht das Tatgericht nicht aus. Insoweit leidet das Urteil aber an einem durchgreifenden Erörterungsmangel auf der Grundlage eines unzutreffenden Prüfungsmaßstabes.
a) Soweit die Strafkammer bei der Prüfung eines Ausnahmefalles im Hinblick auf § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu Lasten des Angeklagten den Umstand wertet, es sei "vollkommen verfehlt", dass dieser bereits im Mai 2020 und somit gerade einmal drei Monate nach der Beschlagnahme des Führerscheins Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt habe, legt sie ihrer Entscheidung eine rechtsfehlerhafte Erwägung zugrunde. Mit der Einlegung des Einspruchs hat der Angeklagte von seinem prozessualen Recht Gebrauch gemacht, den Strafbefehl nicht rechtskräftig werden zu lassen. Ein derart zulässiges Verteidigungsverhalten darf dem Angeklagten nicht angelastet werden.
b) Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen kann im Einzelfall ggf. nicht mehr festgestellt werden, wenn der Angeklagte erfolgreich an einer Nachschulung/einem Fahreignungsseminar gemäß §§ 4 Abs. 7, 4a StVG, § 42 FeV teilgenommen hat. Zwar geht die Strafkammer zutreffend davon aus, dass die Nachschulungsteilnahme weder stets noch auch nur regelmäßig ohne weiteres eine Durchbrechung des Grundsatzes nach § 69 Abs. 2 StGB bewirkt (OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.9.2020 - Ss 40/20, juris Rn. 16, 17; OLG Köln, Urteil vom 5.5.2020 - III-1 RVs 40/20, juris Rn. 26; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6.10...