Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Herausgabe
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 53/91) |
LG München I (Aktenzeichen 13 T 987/91) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. Februar 1992 aufgehoben und die Sache zu erneuter Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht München I zurückverwiesen.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die aus 28 Wohnungen und 4 Teileigentumseinheiten besteht. Der Antragsteller hat seine Wohnung gleich nach Errichtung der Anlage im Jahr 1972 erworben und seither ständig vermietet. Die Mieter seiner Wohnung haben nach seiner Behauptung all die Jahre über ein Kellerabteil genutzt.
Die Antragsgegnerin erwarb ihre Wohnung im Januar 1990 und wurde am 7.5.1990 als Eigentümerin eingetragen. Auf Anfrage wurde ihr von der Verwalterin das bis dahin von der Mieterin des Antragstellers benutzte Kellerabteil zur Nutzung zugewiesen. Ob es unverschlossen und leer war, ist zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin umstritten.
Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung (GO) enthalten zu den Kellerräumen folgende Bestimmungen:
§ 1 Gegenstand und Inhalt des gemeinschaftlichen und des Sondereigentums:
1. Alle Räume und Gebäudeteile, die nicht nach Ziffer 2 dieses Paragraphen und § 5 WEG zum Sondereigentum bzw. Teileigentum erklärt oder als Sondernutzungsrecht ausgewiesen sind, insbesondere alle Kellerräume sowie der gesamte Grund und Boden sind gemeinschaftliches Eigentum.
2. …
§ 14 Nutzung der Kellerabteile:
Soweit Kellerabteile vorhanden sind, wird der Verwalter, die Firma …, die Vergabe vornehmen, wonach u. a. diesem somit Berechtigten die alleinige Nutzung eines Kellerabteiles zusteht. Auf grundbuchlichen Vollzug dieser Nutzungsregelung wird ausdrücklich verzichtet.
Es sind nicht genügend Kellerabteile vorhanden, um jeder Wohnung ein Abteil zur Nutzung zuzuteilen.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das von ihr in Benutzung genommene Kellerabteil zu räumen und an ihn herauszugeben. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 20.6.1991 den Antrag abgewiesen; die sofortige Beschwerde des Antragstellers dagegen hat das Landgericht mit Beschluß vom 28.2.1992 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel des Antragstellers ist begründet; es führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Unbestritten seien die Kellerabteile Gemeinschaftseigentum. Daß dem Antragsteller an dem umstrittenen Kellerabteil ein Sondernutzungsrecht eingeräumt worden sei, habe er nicht beweisen können. Die Teilungserklärung enthalte keine entsprechende Vereinbarung. Der Antragsteller behaupte auch keine sonstige Vereinbarung mit allen Miteigentümern, daß ihm die alleinige Nutzung des Kellerabteils zustehe. Auch die Behauptung, die erste Verwalterin habe ihm gemäß § 14 GO das Kellerabteil zur Nutzung zugewiesen, habe der Antragsteller nicht beweisen können. Nicht einmal dem schriftlichen Mietvertrag zwischen dem Antragsteller und seinem ersten Mieter könne entnommen werden, daß ein Kellerabteil mitvermietet worden sei. Wie die erste Verwalterin die Kellerverteilung vorgenommen habe, sei heute nicht mehr aufklärbar. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Mieter des Antragstellers stets das umstrittene Kellerabteil in Besitz hatten, ergebe sich daraus kein Recht des Antragstellers zur Nutzung auch in Zukunft. Auch § 1006 BGB komme dem Antragsteller nicht zugute, weil die Vorschrift nur für bewegliche Sachen gelte.
Den Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes könne der Antragsteller ebensowenig auf §§ 858, 861 BGB stützen, weil der Anspruch aus § 861 BGB nur dem unmittelbaren Besitzer zustehe. Schließlich könne sich der Antragsteller auch nicht auf §§ 985, 1011 BGB stützen; denn das Kellerabteil sei gemeinschaftliches Eigentum, die Antragsgegnerin aber nicht Dritte im Sinn von § 1011 BGB; allenfalls könne Herausgabe an alle Miteigentümer verlangt werden.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zwar ist der Beschluß des Landgerichts nicht schon wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben; denn im Wohnungseigentumsverfahren ist es nicht zu beanstanden, daß die abschließende Entscheidung von anderen Richtern erlassen wird als denen, die an der mündlichen Verhandlung nach § 44 Abs. 1 WEG teilgenommen haben (BayObLGZ 1990, 173/175). Das Landgericht hat aber nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft und den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt (§ 12 FGG).
a) Zutreffend hat das Landgericht dargelegt, daß dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin weder ein Herausgabeanspruch aus §§ 985, 1011 BGB zusteht noch ein Besitzrecht aufgrund eines dinglichen Sondernutzungsrechts....