Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen das Wirtschaftsstrafgesetz 1954 nach Anhörung der Staatsanwaltschaft

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Urteil vom 06.04.1998)

 

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 6. April 1998 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Nürnberg zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Betroffene vermietete am 16.8.1993 mit Wirkung ab 1.10.1993 eine Wohnung im Rückgebäude des Anwesens A … … Straße … in N … mit (laut Mietvertrag) 44 qm Wohnfläche, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Toilette und Boden zu einem monatlichen Mietzins von DM 760 zuzüglich DM 90 Nebenkosten bzw. Betriebskostenvorschuß. Nach Berechnungen des Amtes für Wohnen und Stadterneuerung der Stadt N … betrug die anrechenbare Wohnfläche nur 38,8 qm und die höchstzulässige Miete nach dem Mietspiegel der Stadt N … unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 20 % im Zeitraum vom 1.10.1993 bis 30.6.1994 DM 513,10 und vom 1.7.1994 bis 30.6.1996 DM 576,02.

Das Amtsgericht Nürnberg verurteilte den Betroffenen am 6.4.1998 wegen leichtfertiger Mietpreisüberhöhung unter Gewährung von Ratenzahlung zu einer Geldbuße von DM 6 500 und zur Abführung des Mehrerlöses in Höhe von DM 6 661,62 an die Stadt N ….

Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Zur Entscheidung ist der Senat in der Besetzung mit drei Richtern berufen (§ 80 a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 OWiG). Die Geldbuße in Höhe von DM 6 500 und die Abführung des Mehrerlöses in Höhe von 6 661,62 sind zusammenzuzählen und übersteigen damit die Grenze des § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG von DM 10 000. Die Rückerstattung des Mehrerlöses gemäß § 9 Abs. 1 WiStG 1954 kann statt der Abführung gemäß § 8 WiStG 1954 angeordnet werden, tritt also an deren Stelle. Die Abführung des Mehrerlöses tritt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 WiStG 1954 an die Stelle des Verfalls. Der Verfall nach § 29 a OWiG ist aber eine vermögensrechtliche Nebenfolge im Sinne von § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 80 a Abs. 2 Satz 2 OWiG.

2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 341 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2, §§ 344, 345 StPO) und auch begründet.

2.1. Die Gründe des angefochtenen Urteils lassen den Tatzeitraum und damit auch den Schuldumfang nicht ausreichend erkennen. Das Amtsgericht führt zwar den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags (16.8.1993) und dessen Inkrafttreten (1.10.1993) an (Urteil S. 4), meint aber, daß den Betroffenen erst von dem Zeitpunkt an Leichtfertigkeit nachzuweisen sei, als zwei (weitere) Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig geworden seien (Urteil S. 8). Hierzu führt es eine Verurteilung durch das Amtsgericht Nürnberg vom 15.5.1995 wegen Mietwuchers und einen Bußgeldbescheid der Stadt N … vom 29.7.1996 wegen Mietpreisüberhöhung an. Aus der Verurteilung wegen Mietwuchers läßt sich aber Leichtfertigkeit deshalb nicht ableiten, weil der festgestellte Sachverhalt zu dieser Verurteilung nicht wiedergegeben wird. Worauf sich der Mietwucher bezogen hat, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht. Der Bußgeldbescheid vom 29.7.1996 bezieht sich zwar auf dasselbe Anwesen wie der verfahrensgegenständliche Vorwurf. Nach den Urteilsgründen kann er aber nach der Beendigung der verfahrensgegenständlichen Tat ergangen sein. Denn auch die Tatbeendigung ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht. Ob und wann die Mieterin ausgezogen ist, stellen die Urteilsgründe nicht fest. Eine mögliche Tatbeendigung könnte dem in der Berechnung der Mehrerlöse aufgeführten Endzeitpunkt (30.6.1996) entnommen werden; dieser läge aber vor dem Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides vom 29.7.1996. Die Tat kann aber nach den Urteilsgründen auch weiter angedauert haben, da auf Seite 10 des Urteils aufgeführt ist, der Betroffene habe die Miete nicht etwa im Hinblick auf den Zusammenbruch der Mietpreise in N …, der auf spätestens 1997 angesetzt wird (Urteil S. 5), herabgesetzt, sondern wegen Mietminderung im Hinblick auf einen Wasserschaden, der aber seinerseits wiederum nicht zeitlich fixiert wird (Urteil S. 6). Wann der Betroffene von den beiden weiteren Ermittlungsverfahren vor dem Urteil bzw. dem Bußgeldbescheid Kenntnis erlangt hat, wird ebenfalls nicht mitgeteilt.

2.2. Eine Darstellung der Anknüpfungstatsachen und der hieraus gezogenen Schlußfolgerungen des Sachverständigengutachtens (vgl. BGH NStZ 1991, 596) war zwar entbehrlich, da das Amtsgericht ihm im Hinblick auf die dem Betroffenen günstigeren Werte des Mietpreisspiegels keine Beweisbedeutsamkeit zugemessen hat (vgl. Urteil S. 8). Ob die Ermittlung der ortsüblichen Miete durch den Mietpreisspiegel aber den Anforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG 1954 i. d. F. des Art. 2 Nr. 1 des Vierten Mietrechtsänderungsgesetzes vom 21.7.1993 (BGBl I S. 1257 ff.) entspri...

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