Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 01.07.1992; Aktenzeichen 5 T 240/92) |
AG Dachau (Aktenzeichen 4 UR II 18/91) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 1. Juli 1992 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; der weitere Beteiligte ist Verwalter. Auf einer erhöhten Terrasse zwischen zwei Häusern waren hinter dem Geländer mehrere zur Zeit entfernte wannenförmige, einige Meter lange Pflanztröge aufgestellt; sie ruhten jeweils auf zwei Stützen. Solche Pflanztröge waren nach dem Bauplan auch für jeden Balkon vorgesehen und sollten zusammen mit den Geländern die Fassade entscheidend mitgestalten. Inzwischen sind zahlreiche Balkongeländer ebenso wie ein Teil des Terrassengeländers auf unterschiedliche Weise verkleidet; auch von einigen Balkonen wurden die Pflanztröge entfernt; nach der Behauptung der Antragsgegner waren auf manchen Balkonen von vornherein keine aufgestellt.
Die Terrassenisolierung mußte saniert werden; im Zusammenhang damit wurden in der Eigentümerversammlung vom 9.9.1991 die endgültige Entfernung der Pflanztröge und einheitliche Gestaltung des Terrassengeländers, die Gefährdung der Isolierschicht durch das Auflagegewicht der Pflanztröge und eine von diesen ausgehende Gefährdung der Gesundheit erörtert; nach der Behauptung der Antragsgegner sollen sie Asbest enthalten. Die Wohnungseigentümer faßten in der Versammlung schließlich mit Stimmenmehrheit folgenden Beschluß:
Die Pflanztröge werden ersatzlos entfernt. Sie werden einstweilen bei der Firma G. eingelagert. Der Firma G. wird zugesichert, daß die Tröge nach Abschluß des zu erwartenden Rechtsstreits auf Kosten der Gemeinschaft von der Firma G. – je nach Ausgang des Rechtsstreits – entweder entsorgt oder wieder an der früheren Stelle auf den Terrassen aufgestellt werden. Es wird bis zum Abschluß des zu erwartenden Rechtsstreits eine behördlich erlaubte provisorische Geländerverkleidung angebracht.
Der Antragsteller hat am 30.9.1991 beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären, da er eine ihm nachteilige bauliche Veränderung zum Inhalt habe und die Entfernung nur einstimmig hätte beschlossen werden können. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 23.12.1991 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht diese Entscheidung mit Beschluß vom 1.7.1992 aufgehoben und den Eigentümerbeschluß insoweit für ungültig erklärt, als er die ersatzlose Entfernung der Pflanz tröge vorsieht. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Es hat entscheidungserhebliche Ermittlungen zur Asbesthaltigkeit der Pflanztröge und zu damit möglicherweise verbundenen gesundheitlichen Gefahren unterlassen (§ 27 Abs. 1, § 12 FGG).
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß sei für ungültig zu erklären, soweit er die endgültige Entfernung der Pflanztröge vorsehe. Im übrigen entspreche die vorübergehende Entfernung zur Sanierung ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Entfernung könne aber nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Insoweit habe der Eigentümerbeschluß eine bauliche Veränderung zum Inhalt, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehe. Wären die Tröge asbesthaltig und würde sich daraus eine gesundheitliche Gefährdung vor allem für Kinder ergeben, dann könnte die Entfernung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Voraussetzung dafür sei aber, daß sich die Wohnungseigentümer vorher über die streitige Behauptung der Asbesthaltigkeit und die davon ausgehende konkrete gesundheitliche Gefährdung durch ein Sachverständigengutachten oder auf sonstige Weise ausreichende Gewißheit verschafften. Sie könnten nicht vorweg „ins Blaue hinein” beschließen und die Aufklärung des Sachverhalts einem Sachverständigengutachten im gerichtlichen Verfahren Überlassen. Allein die abstrakte Möglichkeit der Asbesthaltigkeit und ihrer Auswirkungen sei keine Grundlage für die Beschlußfassung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Das gleiche gelte für die Gefährdung des Sanierungserfolgs wegen des hohen Eigengewichts der Pflanztröge und der dadurch möglicherweise zu erwartenden Beschädigung der Terrassenisolierung. Die Wohnungseigentümer müßten sich vorher über Möglichkeiten, Umfang und Art einer Sanierung unter Einbeziehung der schon immer vorhanden gewesenen Tröge Gewißheit verschaffen, insbesondere auch darüber, wie die...