Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Im Erbscheinsverfahren ist der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln; ob ein bereits erteilter Erbschein unrichtig und daher einzuziehen ist, muss ohne Rücksicht auf Vorbringen und Anträge der Beteiligten entschieden werden.
Normenkette
BGB § 2365
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 10.01.1989; Aktenzeichen 4 T 2445/88) |
AG Traunstein (Beschluss vom 26.04.1988; Aktenzeichen 7 VI 1076/84) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 10. Januar 1989 wird verworfen, soweit sie die Erteilung eines Teilerbscheins sowie Antrage zur Verteilung des noch vorhandenen Nachlasses betrifft. Im übrigen wird die weitere Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Erstbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Traunstein vom 26. April 1988 als unbegründet zurückgewiesen wird.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 25.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die am 10./11.11.1984 im Alter von 71 Jahren verstorbene, kinderlose und verwitwete Erblasserin hinterließ Grundstücke und Geldvermögen. In einem eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Testament vom 23.4.1984 hatte sie folgende Bestimmungen getroffen:
„Mein letzter Wille.
Das Wohnhaus … ohne
Inventar fallt zu gleichen Teilen an
Frau … (Beteiligte zu 1)
Frau … (Beteiligte zu 2)
Ein Verkauf des Anteils ist jeweils nur an die Miterbin oder an Herrn … (Beteiligter zu 3) möglich.
Die monatlichen Kaufraten f. d. große Haus von DM 1 500.– Wertsicherung sind … an Letztgenannten bis zur völligen Abzahlung weiterzubezahlen.
Herr … (Beteiligter zu 3) erhalt die Verfügung über das Barvermögen und übernimmt die Nachlaßverwaltung (Auflosung des Haushalts, Verteilung v. Andenken an Freunde etc.). Herr … (Beteiligter zu 3) erhalt das Garten- u. Hanggrundstück
Den Bach- u. Weihergrund erhält … (Beteiligter zu 5).
Vom Bach- (u. Achengrund) erhält … (Beteiligter zu 6) 1/3, … (Beteiligter zu 4) 2/3.”
Das Nachlaßgericht erteilte am 16.1.1985 dem Beteiligten zu 3 das von ihm beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis. Durch Vorbescheid vom 29.7.1985 kündigte es die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an, wonach die Erblasserin von der Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 jeweils zu 100/510-Anteilen, vom Beteiligten zu 3 zu 200/510-Anteilen, vom Beteiligten zu 4 zu 60/510-Anteilen, von der Beteiligten zu b zu 20/510-Anteilen und vom Beteiligten zu 6 zu 30/510-Anteilen beerbt worden sowie Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Zur Begründung führte das Nachlaßgericht aus, der gesamte Nachlaß sei mit 510.000 DM zu bewerten. Die im Testament genannten Personen seien nach dem Verhältnis des Wertes der ihnen zugedachten Vermögensgegenstände als Erben anzusehen. Das dem beteiligten zu 3 zugewendete Garten- und Hanggrundstück … sei zwar schon vor Testamentserrichtung mit dem bebauten Grundstück … verschmolzen worden und dadurch ersatzlos weggefallen. Aus dem Testament lasse sich jedoch einwandfrei entnehmen, wer von den Miterben welchen Anteil an dem jetzigen Grundstück … erhalten solle.
Gegen diesen Vorbescheid haben die beteiligte zu 1 sowie der Beteiligte zu 3 Beschwerde eingelegt. Die Beteiligte zu 1 machte geltend, der Geländeumgriff des Wohnhauses und dementsprechend ihre Erbquote sowie die der Beteiligten zu 2 seien zu gering bemessen. Demgegenüber vertrat der Beteiligte zu 3 die Ansicht, das Nachlaßgericht habe den zum Wohnhaus gehörenden Grundstücksteil zu groß sowie die Erbanteile der Beteiligten zu 1 und 2 zu hoch angesetzt. Bei einem Augenschein, den das Beschwerdegericht am 13.1.1986 auf dem Nachlaßgrundstück durchführte, schlossen die Beteiligten zu 1 und 3 einen Vergleich, worin sie sich über eine Aufteilung des Grundstücks … einigten sowie verpflichteten, ihre Beschwerden zurückzunehmen. Nachdem die Beteiligte zu 2 diesem Vergleich zugestimmt hatte, nahmen die Beschwerdeführer ihre Rechtsmittel zurück Daraufhin bewilligte das Nachlaßgericht am 5.6.1986 den im Vorbescheid angekündigten Erbschein.
Nachdem der Beteiligte zu 3 durch Beschluß vom 14.5.1987 wegen grober Pflichtverletzung als Testamentsvollstrecker entlassen worden war, zog das Nachlaßgericht diesen Erbschein am 23.11.1987 als unrichtig ein, weil die Anordnung der Testamentsvollstreckung entfallen sei.
Der Beteiligte zu 1, dem vollstreckbare Forderungen gegen den Beteiligten zu 3 zustehen, beantragte die Erteilung eines neuen Erbscheins ohne den Testamentsvollstreckungsvermerk. Die Beteiligten zu 1 und 2 traten diesem Antrag entgegen. Am 26.4.1988 bewilligte das Nachlaßgericht einen neuen gemeinschaftlichen Erbschein, der hinsichtlich der Erben und ihrer Erbanteile mit dem eingezogenen übereinstimmt, aber keinen Testamentsvollstreckervermerk enthält. Dieser Erbschein wurde an den Beteiligten zu 7 hinausgegeben. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben dagegen Rechtsmittel eingelegt und dazu ausgeführt, der neue Erbschein sei nicht richtig, weil von falschen Wertvor...