Entscheidungsstichwort (Thema)
Löschung eines Nacherbenvermerks. Vor- und Nacherbschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Nacherbenvermerk kann nur dann gelöscht werden, wenn entweder die eingetragenen Nacherben die Löschung bewilligt haben oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist, §§ 19, 22 Abs. 1 GBO.
2. Eine Verfügung ist unentgeltlich im Sinn von § 2113 Abs. 2 BGB, wenn der Vorerbe – objektiv betrachtet – ohne gleichwertige Gegenleistung ein Opfer aus der Erbschaftsmasse bringt und – subjektiv betrachtet – weiß, dass für dieses Opfer keine gleichwertige Gegenleistung zufließt, oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen.
Normenkette
BGB § 2113 Abs. 2; GBO §§ 19, 22
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 11.01.1988; Aktenzeichen 4 T 3181/87) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 11. Januar 1988 und der Beschluß des Amtsgerichts Augsburg vom 25. Juni 1987 aufgehoben.
II. Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Augsburg wird angewiesen, den im Grundbuch von Augsburg Band … Blatt … in Abteilung II Nr. 2 eingetragenen Nacherbenvermerk vollständig zu löschen.
Tatbestand
I.
1. Die Beteiligte zu 1 ist Alleineigentümerin dreier Grundstücke, an denen ein Nacherbenvermerk eingetragen ist. Diese Grundstücke stammen aus einem größeren Areal, das der Mutter der Beteiligten zu 1 als Miteigentümerin zu 1/6 gehört hatte. Die Mutter der Beteiligten zu 1 hatte 1960 ein notarielles Testament errichtet, in dem sie ihre Kinder, nämlich die Beteiligte zu 1, einen Bruder und eine Schwester, als Erben zu gleichen Teilen einsetzte. Zugleich hatte sie bestimmt:
„Ersatzerben sollen die Abkömmlinge meiner Erben zu unter sich gleichen Teilen sein.
Diejenigen meiner Erben, welche bei meinem Ableben ohne eheliche leibliche Abkömmlinge sind und dies auch bis zu ihrem Tode bleiben, sollen nur befreite Vorerben sein.
Nacherben sollen diejenigen Erben sein, welche als ihre Ersatzerben in Frage gekommen wären.
Die Nacherbschaft soll mit dem Tode des Vorerben eintreten.”
Die Mutter starb am 10.10.1962.
Die Beteiligte zu 1 beerbte sie zu 1/3. Im Grundbuch wurde für diesen erbengemeinschaftlichen Anteil ein Nacherbenvermerk zugunsten der Kinder des Bruders und der Schwester der Beteiligten zu 1 eingetragen, nämlich der Mutter der Beteiligten zu 2 und 3 sowie der Beteiligten zu 4 mit 11.
Das auf dem Grundbesitz betriebene Familienunternehmen hatte der Bruder der Beteiligten zu 1 als Einzelkaufmann geführt. Die Beteiligte zu 1 und ihre Schwestern waren als stille Gesellschafterinnen beteiligt. Gemäß Vertrag vom 11.4.1964 betrugen die Einlagen des Bruders als Geschäftsinhaber 400 000 DM und der beiden Schwestern als stille Gesellschafterinnen je 250 000 DM. Mit. notariellem Vertrag vom 9.12.1971 gründeten die Beteiligte zu 1, ihre Schwester und ihr Bruder eine Kommanditgesellschaft, in der der Bruder persönlich haftender Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von 640 000 DM, die beiden Schwestern Kommanditistinnen mit Hafteinlagen von je 400 000 DM wurden. Als Einlagen wurden eingebracht vom Bruder das bisherige einzelkaufmännische Unternehmen mit. Aktiven und Passiven sowie das Eigentum bzw. die Miteigentumsanteile an den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken, von den Kommanditistinnen ihre Einlagen aus den stillen Gesellschaften, ihre Guthaben auf den Privatkonten sowie ihre Anteile an den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken. Diese Grundstücke waren schon vorher in der Steuerbilanz des Unternehmens als Betriebsvermögen geführt worden, gingen aber nun nach dem Gesellschaftsvertrag in das Alleineigentum der KG über.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.12.1984 veräußerte die KG aus dem ihr übereigneten zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitz drei Grundstücke an die Beteiligte zu 1. Dabei wurde die Löschung des Nacherbenvermerks an den verkauften Grundstücken bewilligt und beantragt. Da nicht alle Nacherben der Löschung des Nacherbenvermerks zustimmten, wurde die Beteiligte zu 1 unter Aufrechterhaltung des Nacherbenvermerks als Eigentümerin eingetragen.
2. Die Beteiligte zu 1 betreibt jetzt die Löschung des Nacherbenvermerks wegen Unrichtigkeit den Grundbuchs mit der Begründung, die Übertragung der Mitberechtigung an den Grundstücken auf die KG sei eine entgeltliche Verfügung und damit gegenüber den Nacherben wirksam gewesen.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 18.8.1986 die Löschung der Nacherbenvermerke von der Zustimmung aller Nacherben abhängig gemacht und nach Ablauf der Frist zur Beibringung der Zustimmungserklärungen mit Beschluß vom 25.6.1987 den Antrag auf Löschung abgewiesen.
Auf die Beschwerde dagegen hat das Landgericht mit. Beschluß vom 11.1.1988 die Löschung des Nacherbenvermerks hinsichtlich der Beteiligten zu 2, 3, 8, 9, 10 und 11 aufgrund deren Zustimmung angeordnet; im übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist...