Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamwerden einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gegenüber dem Grundbuchamt. Eintragung eines Amtswiderspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zur Auflassung eines Grundstücks(teils) bei Beteiligung eines minderjährigen Veräußerers wird in Abweichung von § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB auch wirksam, wenn ein Dritter, insbesondere der Urkundsnotar, von beiden Vertragsteilen ermächtigt wird, die Genehmigung entgegenzunehmen, sie dem anderen Teil mitzuteilen und diese Mitteilung für letzteren in Empfang zu nehmen.
2. Wird die Erteilung und das Wirksamwerden der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, durch den in dieser doppelten Weise ermächtigten Notar auf der Urkunde mit Unterschrift und Dienstsiegel ausdrücklich bestätigt, ist das Wirksamwerden der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung dem Grundbuchamt gegenüber nachgewiesen.
Normenkette
BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1829 Abs. 1 S. 2, § 1643 Abs. 1 i.V.m
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 14762/82) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 1. Oktober 1982 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 12. Oktober 1982 wird als unzulässig verworfen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 70.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Eltern der am 25.9.1947 geborenen Beteiligten zu 3). Die Beteiligten zu 2) und 3) waren Miteigentümer je zur Hälfte des im Grundbuch des Amtsgerichts München von gebuchten Grundstücks Flst. Nr. 1190. Seit 1972 steht dieses Grundstück im Eigentum der Beteiligten zu 2) allein.
In einem „Kaufvertrag” vom 5.11.1964 (Notar … in … URNr. … „übereigneten” die Beteiligten zu 2) und 3), letztere vertreten durch die Beteiligten zu 1) und 2), von diesem Grundstück noch zu vermessende Teilflächen von 138 m² in Erfüllung einer Abtretungsverpflichtung vom 8.2.1950 unentgeltlich sowie von ca. 45 m² gegen Entschädigung an die Beteiligte zu 4) zu Straßenbauzwecken. In Abschnitt XVI dieses Vertrags heißt es:
„Wegen Mitbeteiligung der minderjährigen … ist zu gegenwärtigem Vertrag die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich. Diese Genehmigung wird hiermit beantragt. Der amtierende Notar wird ermächtigt, von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Kenntnis zu nehmen und sie dem anderen Vertragsteil mitzuteilen. Letzterer ermächtigt den Notar, für ihn diese in Empfang zu nehmen.”
Mit Beschluß vom 12.1.1965 genehmigte das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – München (Az. X a 4845/64) den Vertrag vom 5.11.1964 vormundschaftsgerichtlich. Den Beteiligten zu 1) und 2) wurde eine Ausfertigung der Genehmigung übersandt; der Notar erhielt eine Mitteilung hiervon.
Zu Urkunde vom 10.8.1965 (URNr. …) erklärten die Beteiligten nach zwischenzeitlicher Wegvermessung von insgesamt 190 m² aus dem Grundstück Flst. Nr. 1190 die Auflassung. Diese Urkunde reichte der Notar am 25./26.8.1965 beim Grundbuchamt gemäß § 15 GBO zum Vollzug ein. Auf der bereits vorher eingereichten Ausfertigung der Urkunde vom 5.11.1964 ist die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vom 12.1.1965 vermerkt. Ferner heißt es in einer vom Notar am 12.2.1965 unterzeichneten und gesiegelten Erklärung:
„Von umstehender Genehmigung gemäß Ziffer XVI der Urkunde Kenntnis genommen, sie dem anderen Vertragsteil mitgeteilt und für diesen entgegengenommen.”
Daraufhin wurde am 13.12.1965 die Beteiligte zu 4) als Eigentümerin der von dem Grundstück Flst. Nr. 1190 abgeschriebenen Grundstücksteilfläche im Grundbuch (von …)eingetragen.
2. Am 14./16.12.1981 beantragten die Beteiligten zu 1) und 2), handelnd auch für die Beteiligte zu 3), gegen die Richtigkeit des Grundbuchs einen Widerspruch einzutragen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Beteiligte zu 1) habe die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrags vom 5.11.1964 der Beteiligten zu 4) niemals mitgeteilt. Damit sei dieser Vertrag nicht wirksam geworden. Dennoch habe ihn das Grundbuchamt vollzogen. Hierdurch sei ein erheblicher Schaden eingetreten, weil die Beteiligte zu 4) jetzt auch noch unberechtigterweise Erschließungskosten verlange. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei damit nachgewiesen. Mit Beschluß vom 14.4.1982 lehnte der Rechtspfleger beim Amtsgericht – Grundbuchamt – München die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch ab, weil für einen Amtswiderspruch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht dargetan seien und ein Widerspruch nach § 899 BGB eine Entscheidung des Prozeßgerichts voraussetze.
Hiergegen wandten sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 11./16.6.1982. Das Grundbuchamt hat dieses Schreiben als Erinnerung gegen den Beschluß vom 14.4.1982 behandelt und ihr nicht abgeholfen. Nach Vorlage hat das Landgericht München 1 mit Beschluß vom 1.10.1982 die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluß vo...