Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Wechselt zwischen Auffassung und Eintragung die personelle Zusammensetzung einer ein Grundstück veräußernden Erbengemeinschaft, also die Identität des Verfügungsbefugten. kann das Eigentum grundsätzlich nur umgeschrieben werden, wenn der neue Verfügungsbefugte die Auflassung erklärt und die Eintragung bewilligt.
2. Eine Ausnahme gilt jedoch für die Fälle des Eigentumserwerbs im Wege der Gesamtrechtsnachfolge also des Todes eins der (ursprünglichen) Miterben. Hier tritt der Nachfolger in alle Rechtsbeziehungen hinsichtlich des der Gesamtrechtsnachfolge unterliegenden Vermögens so ein, wie sie beim Vorgänger im Zeitpunkt des Rechtsübergangs bestehen.
Normenkette
BGB §§ 873, 925, 2033, 2040, 2040 Abs. 1; GBO §§ 17, 19-20
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 10.10.1986; Aktenzeichen 4 T 1461/86) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit 6 werden der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 10. Oktober 1986 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Memmingen vom 16. Juli 1986 aufgehoben.
II. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.
Tatbestand
I.
1. Als Eigentümer der Grundstücke Flst. … und … der Gemarkung … war im Grundbuch … eingetragen. Diese ist von … und den Beteiligten zu 2 mit 4 beerbt worden; die Erbengemeinschaft ist am 24.10.1984 in das Grundbuch eingetragen worden. … ist sodann von dem Beteiligten zu 1 allein beerbt worden; insoweit ist das Grundbuch am 31.5.1985 berichtigt worden.
Am Vormittag des 13.8.1985 verkauften die Beteiligten zu 1 mit 4 zu Urkunden des Notars … in … eine Teilfläche von ca. 1540 m² aus dem Grundstück Flst. … an den Beteiligten zu 5 (URNr. …) und die Restfläche dieses Grundstücks sowie das Grundstück Flst. … und einen Miteigentumsanteil an einem weiteren Grundstück an die Beteiligten zu 6 (URNr. …); in diesen Urkunden erklärten die Vertragsparteien die Auflassung und bewilligten die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. Zu Urkunden des Notars … überließen sodann am Nachmittag des 13.8.1985 der Beteiligte zu 1 seinen Erbanteil am Nachlaß von … den Beteiligten zu 7 mit 9 und die Beteiligte zu 2 ihren Erbanteil am selben Nachlaß den Beteiligten zu 10 und 11.
Im Grundbuch für die Grundstücke Flst. … und … der Gemarkung … wurden am 19.9.1985 Auflassungsvormerkungen für die Beteiligten zu 5 und 6 eingetragen. Die Erbanteilsübertragungen vom 13.8.1985 wurden am 27.11.1985 im Wege der Grundbuchberichtigung eingetragen.
2. Den Antrag der Beteiligten zu 1 mit 6 auf Eintragung der Auflassungen vom 13.8.1985 hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 16.7.1986 beanstandet und die Genehmigung der Beteiligten zu 7 mit 11 sowie des Vormundschaftsgerichts hinsichtlich der minderjährigen Beteiligten zu 11 verlangt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit 6 hat das Landgericht mit Beschluß vom 10.10.1986 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit 6.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist begründet. Zu der beantragten Eigentumsumschreibung ist weder die Bewilligung der Erbanteilserwerber noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Bei Abschluß der Kaufverträge habe die Verfügungsbefugnis der Erbengemeinschaft vorgelegen. Im Hinblick auf die anschließenden Erbteilsübertragungen sei sie aber nicht mehr gegeben. Die Erwerber der Erbanteile seien nämlich ohne Grundbucheintragung Miteigentümer geworden. Daher sei ihre Genehmigung zum Vollzug der Auflassungen erforderlich.
Ein gutgläubiger Eigentumserwerb scheide aus. Zwar seien die Erbanteilsüberlassungen noch nicht im Grundbuch vermerkt gewesen, als die Eintragung der Vormerkungen beantragt worden sei. Abzustellen sei aber nicht auf den guten Glauben der Erwerber, sondern auf den des Notars als deren Vertreter. Der Notar habe aber, als er die Eintragung der Vormerkungen beantragt habe, den Wegfall der Verfügungsbefugnis gekannt; er sei daher bösgläubig gewesen.
2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen können nicht aufrechterhalten werden, weil die vom Grundbuchamt genannten Eintragungshindernisse nicht bestehen.
a) Da die Auflassung von Grundstücken eingetragen werden soll, ist Voraussetzung, daß die erforderliche Einigung der Berechtigten und des anderen Teils (§ 873 Abs. 1. § 925 BGB) nachgewiesen ist (§ 20 GBO). Ob außerdem die Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO erforderlich ist und, wenn ja, ob sie regelmäßig als in der Auflassungserklärung enthalten angesehen werden kann (vgl. BayObLG Rpfleger 1975, 26), bedarf hier keiner Entscheidung; denn im vorliegenden Fall ist die Eintragungsbewilligung ausdrücklich erklärt und die nachfolgend zu erörternden Fragen der Verfügungsbefugnis sind in gleicher Weise für Auflassung und Eintragungsbewilligung zu beantworten. Die Einigungserklärung muß der Verfügungsbefugte abgeben (BayObLGZ 1973, 140; Horber/Demharter GBO 17. Aufl. Anm. 12a...