Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Bauliche Veränderung (hier: Umzäunung einer sondergenutzten Terrassenfläche mit 3 m langer Betonmauer)
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen 3 UR II 36/99) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1123/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25. Juli 2000 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragstellern und dem Antragsgegner gehört je eine Erdgeschoßwohnung mit einer ihnen zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche. Die Antragsteller haben ihre Wohnung im Jahr 1994 erworben.
In der Teilungserklärung ist bestimmt, daß eine Umzäunung der Sondernutzungsfläche des Antragsgegners nicht gestattet ist.
Der Antragsgegner errichtete 1986 eine Terrasse auf seiner Sondernutzungsfläche und im Zusammenhang damit eine 3 m lange Betonmauer.
Die Antragsteller behaupten, die Betonmauer stehe auf ihrer gesamten Länge und einer Breite von etwa 3 cm auf ihrer Sondernutzungsfläche. Der Antragsgegner bestreitet dies und behauptet, die Wohnungseigentümer seien mit der Errichtung der Terrasse und der Stützmauer seinerzeit einverstanden gewesen, außerdem sei die Stützmauer wegen des abschüssigen Geländes erforderlich.
Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung der Betonmauer und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Geländeverlaufs zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 2.5.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat diese Entscheidung durch Beschluß vom 25.7.2000 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Errichtung der Mauer stelle eine bauliche Veränderung dar. Ein sie genehmigender Eigentümerbeschluß habe nicht vorgelegt werden können. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts könne aus dem Rundbrief vom 6.11.1986 das Einverständnis aller Wohnungseigentümer mit der Errichtung der Mauer nicht hergeleitet werden. Mindestens eine Wohnungseigentümerin sei nach den Angaben des Verwalters im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer mit der Errichtung der Mauer nicht einverstanden gewesen. Das Amtsgericht werde daher zunächst zu ermitteln haben, ob tatsächlich im Jahr 1986 ein Eigentümerbeschluß zustandegekommen sei. Hierzu seien die damaligen Wohnungseigentümer zu vernehmen. Im übrigen hätten sich die Beteiligten auch nicht in der Eigentümerversammlung vom 12.6.1999 geeinigt, weil zu dem maßgebenden Tagesordnungspunkt kein Beschluß gefaßt worden sei. Damit den Beteiligten keine Tatsacheninstanz verloren gehe, sei die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht tritt in den Grenzen der Beschwerde als Tatsacheninstanz an die Stelle der ersten Instanz. Es hat grundsätzlich selbst zu entscheiden, hierzu den Sachverhalt eigenständig festzustellen und noch erforderliche Ermittlungen selbst durchzuführen (BayObLG FamRZ 1996, 1023). Eine Zurückverweisung kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die erste Instanz ihre Endentscheidung nur auf verfahrensrechtliche Überlegungen gestützt hat (BayObLGZ 1995, 47/50) oder wenn das Verfahren der ersten Instanz so mangelhaft war, daß die abschließende Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren dem Verlust einer Instanz gleich käme (vgl. § 539 ZPO; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 25 Rn. 11). Siehe zum ganzen auch BayObLG, Beschluß vom 8.11.2000, 3Z BR 295/00.
b) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das Amtsgericht ist aufgrund des Rundbriefs vom 6.11.1986 zu der Überzeugung gelangt, daß die Betonmauer vom Antragsgegner im Einverständnis mit allen Wohnungseigentümern hergestellt worden sei. Daraus hat es den rechtlich nicht zu beanstandenden Schluß abgeleitet, daß ein Beseitigungsanspruch nicht begründet sei. Das Landgericht ist demgegenüber der Meinung, aus dem Rundbrief lasse sich ein Einverständnis aller Wohnungseigentümer nicht ableiten. Auch wenn diese Ansicht des Landgerichts für zutreffend zu erachten ist, erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts doch nicht in einer Weise fehlerhaft, die eine Zurückverweisung an das Amtsgericht rechtfertigen könnte, die nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen kann. Es wäre vielmehr Sache des Landgerichts gewesen, die aufgrund seiner abweichenden Ansicht noch erforderlichen weiteren Ermittlungen selbst anzustellen. Zu diesem Zweck wird die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückve...