Leitsatz (amtlich)
1. Die Eintragung einer Grunddienstbarkeit ohne nähere Bezeichnung des Rechts unter bloßer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung war auch im Jahr 1938 eine inhaltlich unzulässige Eintragung.
2. Vor der Löschung eines Rechts als inhaltlich unzulässig ist dem Berechtigten rechtliches Gehör zu gewähren.
3. Wird ein Recht als inhaltlich unzulässig gelöscht, ist der Eintragungsantrag unerledigt und muß noch verbeschieden werden.
4. Der jetzige Eigentümer eines Grundstücks ist an die Bewilligung der Eintragung eines dinglichen Rechts durch den Erblasser, dessen Miterbe in Erbengemeinschaft er geworden ist, nicht gebunden, wenn er im Weg der Erbauseinandersetzung das Alleineigentum an dem Grundstück erlangt hat.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; GBO §§ 19, 53; BGB § 874
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 02.02.1998; Aktenzeichen 1 T 1030/98) |
AG München |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 2. Februar 1998 wird Zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 1 ist die Eigentümerin des Grundstücks Flst. 1772/5, früher Plan Nr. 1772 1/5 a und 1772 1/5 b. Der Beteiligte zu 2 ist der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks Flst. 1772/4, früher Plan Nr. 1772 1/4 a und 1772 1/4 b.
Zu notarieller Urkunde vom 20.7.1936 verkaufte der damalige Eigentümer der Grundstücke Plan Nr. 1772 1/5 a, b und 1772 1/4 a, b das Grundstück Plan Nr. 1772 1/5 a, b und verpflichtete sich, „als Zugang und Einfahrt zu dem vertragsgegenständigen Grundstück … von seinem Grundstück Plan Nr. 1772 1/4 a, b an der nördlichen Grenze seines bezeichneten Grundstückes einen Weg von 2 Meter Breite von der Straße aus bis zum vertragsgegenständigen Grundstück Plan Nr. 1772 1/5 a, b zur gemeinsamen Benützung liegen zu lassen”. Für dieses Zugangs- und Zufahrtsrecht bestellte er an seinem Grundstück Plan Nr. 1772 1/4 a, b zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Plan Nr. 1772 1/5 a, b eine entsprechende Grunddienstbarkeit und bewilligte und beantragte deren Eintragung im Grundbuch.
Die Eintragung im Grundbuch wurde wie folgt vorgenommen:
Am 22. April 1938 Grunddienstbarkeit an Pl. Nrn. 1772 1/4 a und 1772 1/4 b zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Grundstücke Pl. Nr. 1772 1/5 a und 1772 1/5 b; nach der näheren Bezeichnung in der Eintragungsbewilligung vom 20.7.1936 ….
Am 5.7.1971 wurde die Dienstbarkeit als inhaltlich unzulässig von Amts wegen gelöscht. Von der Löschung wurde weder der Eigentümer des herrschenden noch der des dienenden Grundstücks benachrichtigt.
Der Eigentümer des Grundstücks Plan Nr. 1772 1/4 a, b im Zeitpunkt der Bestellung der Grunddienstbarkeit und Bewilligung ihrer Eintragung im Jahr 1936 wurde von einer Erbengemeinschaft beerbt, zu der auch der Beteiligte zu 2 gehörte. Der Beteiligte zu 2 hat das Alleineigentum an dem Grundstück im Weg der Erbauseinandersetzung durch Auflassung vom 5.10.1978 und Eintragung vom 31.8.1979 erlangt.
Die Beteiligte zu 1 hat gegen die Löschung der Dienstbarkeit Erinnerung eingelegt und die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts, jedenfalls eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung verlangt. Rechtspflegerin und Grundbuchrichter haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 2.2.1998 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren weitere Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Grundbuchamt habe zwar das Gebot des rechtlichen Gehörs bei der Amtslöschung vom Jahr 1971 verletzt. Gleichwohl sei die Eintragung vom Jahr 1938 zu Recht als inhaltlich unzulässig gelöscht worden. Denn das Recht hätte im Eintragungsvermerk selbst näher gekennzeichnet werden müssen. Ob eine inhaltliche Unzulässigkeit vorliegt, beurteile sich nach dem Recht zur Zeit der Eintragung, wobei auch der seinerzeitige Sprachgebrauch und die seinerzeitige Verkehrsauffassung zu berücksichtigen seien. Schon im Zeitpunkt der Eintragung habe es nicht genügt, ein Geh- und Fahrtrecht lediglich als Grunddienstbarkeit einzutragen. Mit der Löschung der Eintragung als inhaltlich unzulässig sei zwar der seinerzeitige Eintragungsantrag noch nicht erledigt. Eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts scheitere aber daran, daß der Bewilligende nicht mehr als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung vom Jahr 1971 abgelehnt.
a) Gegen die Löschung der Dienstbarkeit im Jahr 1971 ist nur die Beschwerde mit dem eingeschränkten Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs zulässig (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO), weil sich an die Eintragung in Form der Löschung ein gutgläubiger Erwerb anschließen konnte (Demharter GBO 22. Aufl. § 71 Rn. 37 und § 53 Rn. 61). Sollte nämlich die Eintragung der Dienstbarkeit inhaltlich zulässig gewesen sein, hätte das Grundstück nach der Löschung gutgläubig lastenfrei erworben werden können.