Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Leistung der Einlage gegenüber Treugeber - Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 22 ZPO findet auch auf Klagen einer Publikums GmbH & Co. KG gegen einen Treugeberkommanditisten auf Leistung der Einlage Anwendung, wenn diesem wegen der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Quasi-Gesellschafter) zukommt.

2. Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Wenn ein bestimmter rechtlicher Vortrag einer Partei den Kern deren Vorbringens darstellt und für die Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, sich mit der dazu zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinanderzusetzen.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; HGB §§ 164, 166; ZPO §§ 22, 29c Abs. 1 S. 2, § 281

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht München.

 

Gründe

I. Die in München ansässige Klägerin ist eine in Liquidation befindliche Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG.

Die im Bezirk des Amtsgerichts Freiberg wohnende Beklagte beteiligte sich im Dezember 2005 über eine Treuhandkommanditistin an der Klägerin; dazu gab sie eine Beitrittserklärung ab, die von der Klägerin angenommen wurde. Die Einlage sollte im Wesentlichen durch monatliche Ratenzahlungen erbracht werden.

Der als Teil der Anlage K 1 zur Anspruchsbegründung vorgelegte Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 4 Gesellschafter, Kapital, Vermögensbeteiligung

1. Persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) ist die [S. AG], die keinen Kapitalanteil hat.

2. Weitere Kommanditisten sind die Herren [G.] und [Sch.] mit einer Kapital- und Hafteinlage von je 1.000 EUR, die sofort zu erbringen ist.

3. Treuhandkommanditist ist die [P. GmbH] mit einer Hafteinlage von zunächst 10.000 EUR, die aus der treuhänderischen Übernahme von Einlagen gemäß § 5 erbracht wird. Mit Durchführung der Kapitalerhöhungen wird für den Treuhandkommanditisten eine Hafteinlage in Höhe von 20% der gezeichneten Kapitalanteile der beitretenden Treugeber eingetragen, und zwar jeweils spätestens zum Jahresende. [...] Der Treuhandkommanditist erbringt seine Kapitaleinlagen zzgl. 5% Abwicklungsgebühr durch Abtretung seiner gegen die jeweiligen Treugeber bestehenden Ansprüche an die Gesellschaft. [...]

4. Weitere Kommanditisten können auch als Direktkommanditisten beitreten [...].

5. "Anleger" im Sinne dieses Vertrages sind die nach Abschluss dieses Gesellschaftsvertrages beitretenden Kommanditisten, unabhängig davon, ob sie als Direktkommanditisten oder über den Treuhandkommanditisten beitreten.

"Gesellschafter" im Sinne dieses Vertrages sind der persönlich haftende Gesellschafter, die Kommanditisten nach § 4 Ziffer 2 und die Anleger [...].

...

§ 5 Kapitalerhöhungen [...]

1. Die Geschäftsführung ist berechtigt und verpflichtet, das Gesellschaftskapital durch Aufnahme von weiteren Kommanditisten bis zum 31.12.2005 in einem oder mehreren Schritten auf 79.002.000 EUR [...] zu erhöhen [...]

2. Der Treuhandkommanditist ist berechtigt, seinen Kapitalanteil entsprechend der Summe der von ihm treuhänderisch verwalteten Beteiligungsbeträge zu erhöhen. [...]

§ 6 Direktbeteiligung/Treuhandkommanditist

1. Der Anleger kann eine Direktbeteiligung mit persönlicher Eintragung im Handelsregister oder die Beteiligung über den Treuhandkommanditisten wählen.

2. Wählt der Anleger die Beteiligung über den Treuhandkommanditisten, so wird dessen Kapitalanteil entsprechend der Summe der von ihm treuhänderisch verwalteten Beteiligungsbeträge erhöht. An diesen Kapitalerhöhungen nimmt der Treuhandkommanditist im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Treugebers teil.

3. Nach der im Treuhandvertrag erfolgenden Abtretung von Forderungen und Rechten an den Anleger und dessen Bevollmächtigung wird dieser im Verhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern weitestgehend wie ein Kommanditist behandelt.

...

5. Jeder Treugeber hat das Recht, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen und die auf seine Beteiligung entfallenden Mitgliedschaftsrechte unmittelbar selbst oder durch einen von ihm Bevollmächtigten wahrzunehmen.

...

Der als weiterer Teil der Anlage K 1 vorgelegte Treuhandvertrag (im Folgenden: TrhV) enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"Präambel

Der Treugeber beabsichtigt, sich über den Treuhandkommanditisten an der [Gesellschaft] zu beteiligen."

Mit Unterzeichnung der Beitrittserklärung gibt der Treugeber ein verbindliches Angebot zum Abschluss des vorliegenden Treuhandvertrages ab. [...] Der Treuhandvertrag wird wirksam, sobald ein geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft die vom Treugeber bei der Gesellschaft eingereichte Beitrittserklärung angenommen hat. Der Treuhandkommanditist erteilt hiermit der Gesellschaft Vollmacht, die Beitrittserklärung für ihn anzunehmen. D...

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