Leitsatz (amtlich)
1. Der Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung erfaßt nicht ohne weiteres die Vertretung des Betroffenen bei der Beantragung eines neuen Passes oder Personalausweises.
2. Der Zeitaufwand für Tätigkeiten, die nicht auf Hilfskräfte zu delegieren sind, weil dies nicht möglich oder unzweckmäßig bzw. unwirtschaftlich wäre, ist vergütungsfähig.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 02.01.1998; Aktenzeichen 11 T 356/97) |
AG Schweinfurt (Beschluss vom 26.11.1997; Aktenzeichen XVII 415/92) |
Tenor
I. In Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Schweinfurt vom 2. Januar 1998 und des Beschlusses des Amtsgerichts Schweinfurt vom 26. November 1997 wird dem Betreuer eine Vergütung von insgesamt 1.176 DM (einschließlich Mehrwertsteuer) bewilligt.
II. Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht bestellte für die Betroffene am 28.7.1994 einen Kranken- und Altenpfleger anstelle der Betreuungsstelle zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung mit Unterbringung, Vermögenssorge und ärztliche Behandlung. Am 27.10.1997 beantragte der Betreuer, für seine Tätigkeit in der Zeit vom 28.2. bis 30.9.1997 aus dem Vermögen der Betroffenen eine Vergütung in Höhe von 1299,50 DM (18.08 Stunden zu je 62,50 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) festzusetzen. Das Amtsgericht bewilligte am 26.11.1997 eine Vergütung von 978,13 DM. Es erkannte nur 15.65 Stunden an und hielt einen Stundensatz von 62,50 DM einschließlich Mehrwertsteuer für angemessen. Die Beschwerde des Betreuers wies das Landgericht mit Beschluß vom 2.1.1998 zurück. Hiergegen wendet sich der Betreuer mit seiner weiteren Beschwerde, mit der er seinen Antrag vom 27.10.1997 weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung sei angemessen. Die Reduzierung des Zeitaufwandes von 18,08 auf 15,65 Std. sei gerechtfertigt, weil damit eine doppelte Berücksichtigung einfacher Büroarbeiten vermieden werde. Die vorgenommenen Abstriche beträfen nahezu allesamt Zeitaufwand für Verrichtungen, die zwar durch die Tätigkeit des Betreuers für die Betroffene angefallen seien, die jedoch auch von einem angelernten Büropersonal hätten erledigt werden können. In dem Stundensatz von 62,50 DM seien bereits Bürokosten einschließlich Personalkosten enthalten, die der Berufsbetreuer üblicherweise für ein Büro mittleren Zuschnitts aufwenden müsse. Soweit der Betreuer Zeitaufwand für die Ausstellung eines neuen Personalausweises für die Betroffene geltend mache, habe das Amtsgericht zu Recht darauf verwiesen, daß diese Tätigkeit nicht zum Aufgabenkreis des Betreuers gehöre. In dem Stundensatz von 62,50 DM sei die vom Betreuer abzuführende Mehrwertsteuer mit enthalten, sie könne nicht zusätzlich festgesetzt werden.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG, § 550 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.
a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß hier die Vergütung des Betreuers nach § 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB zu bestimmen ist. Dieser ist Berufsbetreuer und die Betroffene ist, wie vom Landgericht festgestellt, nicht mittellos (vgl. zur Bestimmung des Schonvermögens BayObLGZ 1995, 212). Dem Betreuer muß deshalb eine im Sinn von § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB angemessene Vergütung bewilligt werden (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB; vgl. BayObLGZ 1997, 146/147; 1996, 37 ff. und 47 ff.; 1995, 35 ff.; KG BtPrax 1996, 184).
Über die Angemessenheit der Vergütung entscheidet das Vormundschaftsgericht bzw. das im Beschwerdeverfahren an seine Stelle tretende Landgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BayObLGZ 1996, 37/38; 1996, 47/49). Dabei sind die Größe des Vermögens des Betroffenen, der zeitliche Aufwand für die Tätigkeit des Betreuers, die Bedeutung und die Schwierigkeit der ihm obliegenden Geschäfte und der sich hieraus ergebende Grad der Verantwortung und alle sonstigen Umstände des Falles zu berücksichtigen. Maßstab für die Vergütung muß in erster Linie und vorrangig die vom Betreuer erbrachte Leistung im Einzelfall sein (vgl. BayObLGZ 1996, 37/38 m.w.N.). Die Sätze des § 1836 Abs. 2 BGB gelten nicht; sie können lediglich eine Mindestvergütung darstellen, aber die Vergütung nach § 1836 Abs. 1 BGB nicht nach oben begrenzen (BayObLGZ 1996, 37/39; 1993, 323/324; KG BtPrax 1996, 184/185; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 698/699).
Die Feststellung, welche Zeit der Betreuer aufgewendet hat, steht dem Tatrichter zu, dem insoweit erforderlichenfalls entsprechend § 287 ZPO ein Schätzungsermessen eingeräumt ist (BayObLG BtPrax 1994, 173; Palandt/Diederichsen BGB 57. Aufl. § 1836 Rn. 10). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Tätigkeiten zur pflichtgemäßen Wahrnehmung der Betreueraufgaben erforderlich waren. Insoweit ist dem Tatrichter ein Beurteilungsermessen eingeräumt, das nur einer beschränkten Nachprüfbarkeit durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (BayObLGZ ...