Leitsatz (amtlich)
Die schenkweise Übertragung eines Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet ist und der Nießbraucher das Grundstück vermietet hat.
Normenkette
BGB §§ 181, 566, 1056, 1629, 1795
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 8049/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des LG München I vom 2.9.2002 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch als Miteigentümer zu 1/6 eingetragen. Dieser Anteil ist mit einem Nießbrauch für die Eltern des Beteiligten zu 1) als Gesamtberechtigte belastet. Das Grundstück ist vermietet. Vermieter sind u.a. die Eltern des Beteiligten zu 1).
Der Beteiligte zu 1) schloss mit den Beteiligten zu 2) bis 4) einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, den genannten Miteigentumsanteil unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge zu je 1/3 an seine drei 1990, 1992 und 1997 geborenen Kinder, die Beteiligten zu 2) bis 4, zu übertragen. Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Die Beteiligten zu 2) bis 4) wurden dabei vom Beteiligten zu 1) und ihrer Mutter, der Ehefrau des Beteiligten zu 1), vertreten. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Beteiligten zu 2) bis 4) ihren Eltern auf deren Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück einräumen. Die Beteiligten bewilligten und beantragten die Eintragung des Nießbrauchsrechts, wobei der Notar angewiesen wurde, die Eintragung des Nießbrauchs erst zu beantragen, wenn der jetzt eingetragene Nießbrauch löschungsfähig ist.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten beantragte, die Beteiligten zu 2) bis 4) als Eigentümer einzutragen. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 8.4.2002 den Vollzug der Eintragung von der Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch einen für die minderjährigen Erwerber zu bestellenden Ergänzungspfleger abhängig gemacht.
Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 2.9.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Eine wirksame Auflassungserklärung des geschäftsunfähigen Beteiligten zu 4) und der beschränkt geschäftsfähigen Beteiligten zu 2) und 3) liege nicht vor. Sie seien bei der Abgabe der Erklärung von ihrer Mutter und dem Beteiligten zu 1) nicht wirksam vertreten gewesen, weil die Eltern gem. §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen gewesen seien.
Zwar greife der Schutzzweck dieser Vorschriften nicht ein, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe, da dann ein Interessenwiderstreit ausgeschlossen sei und Belange Dritter nicht entgegenstünden. Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks begründe jedoch nicht einen rechtlichen Vorteil, da der Erwerber gem. § 566 BGB in das bestehende Mietverhältnis eintrete. Etwas anderes ergebe sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass der verfahrensgegenständliche Grundstücksanteil bereits mit einem Nießbrauch belastet sei und den Eltern der Erwerber ein weiterer Nießbrauch eingeräumt werde. Im Falle des Erlöschens des Nießbrauchs trete der Eigentümer gem. § 1056 BGB in das Mietverhältnis ein. Die Möglichkeit der persönlichen Haftung aus dem Mietverhältnis aufgrund des Grundstückserwerbs bestehe für die Beteiligten zu 2) bis 4) jedenfalls dann, wenn sowohl ihre Großeltern als auch ihre Eltern vorversterben würden.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1) und dessen Ehefrau gem. §§ 1626 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB von der Vertretung der Beteiligten zu 2) bis 4) ausgeschlossen waren. Die Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahme von dem Vertretungsverbot angenommen werden kann (vgl. BayObLGZ 1998, 139 ff.), liegen nicht vor, weil das Rechtsgeschäft den Beteiligten zu 2) bis 4) nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt.
b) Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Erwerber nach Maßgabe der §§ 566 ff. BGB in das Mietverhältnis eintritt (OLG Oldenburg v. 1.10.1987 – 5 W 43/87, NJW-RR 1988, 839; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 107 Rz. 4; a.A. Jerschke, DNotZ 1982, 473). Durch den Eintritt in das Mietverhältnis wird eine persönliche Verpflichtung des Erwerbers begründet. Der schuldrechtliche und der dingliche Vertrag sind dabei als Einheit zu sehen (BGH v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, MDR 1981, 37 = NJW 1981, 109).
c) Nicht anders zu beurteilen ist die Rechtslage, wenn nicht der Grundstückseigentümer, sondern der Nießbraucher Vermieter ist. Nach § 1056 Abs. 1 BGB tritt im Falle der Beendigung des Nießbrauchs der Grundstückseigentümer in entsprechender Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Dass dem Eigentümer gem. § 1056 Abs. 2 BGB ein Sonderkündigungsrecht zusteht, vermag den rechtlichen Nachteil nicht zu beseitigen, da die Bindung des Grundstückseigentümers ...