Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Deckendurchbruch und Einbau einer Wendeltreppe

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Aktenzeichen 4 T 912/85)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 8. Juli 1985 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Memmingen vom 21. Mai 1985 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Grundbuchamt – Memmingen zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte teilte ein ihr gehörendes Grundstück zu notarieller Urkunde vom 12.4.1985 gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes in 67 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten auf. 28 Miteigentumsanteile sollen nach der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan mit dem Sondereigentum an sog. „Car-Ports” verbunden werden; dies sind im Freien gelegene Kraftfahrzeugabstellplätze, die jeweils an den vier Ecken mit Pfosten und darüber mit einer Überdachung versehen werden.

§ 3 Nr. 3 der mitbeurkundeten Gemeinschaftsordnung bestimmt:

Innentreppen

Weiterhin wird gemäß § 15 WEG geregelt, daß Verbindungstüren oder Innentreppen zur Verbindung der neben- oder übereinanderliegenden Einheiten errichtet werden dürfen, auch soweit dadurch Wände oder Decken, die im Gemeinschaftseigentum stehen, betroffen werden.

Das Landratsamt Unterallgäu hat Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt.

Den Vollzugsantrag vom 29.4.1985 hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 21.5.1985 in zwei Punkten beanstandet:

An den sog. Car-Ports könne kein Sondereigentum begründet werden, da es sich hierbei um unbebaute Grundstücksteile handle. Es sei nur die Bestellung von Sondernutzungsrechten möglich, die aber mit einem Wohnungs- oder Teileigentum verbunden werden müßten.

Die in § 3 Nr. 3 der Gemeinschaftsordnung getroffene Gebrauchsregelung könne nicht in das Grundbuch eingetragen werden, da es zur Vornahme der baulichen Veränderung der Vorlage einer neuen Teilungserklärung, eines neuen Teilungsplans und einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung bedürfe.

In beiden Punkten sei eine Änderung der Teilungserklärung erforderlich.

Die Beteiligte hat gegen diese Zwischenverfügung Erinnerung/Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluß vom 8.7.1985 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde.

II.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

§ 3 Abs. 2 Satz 1 WEG bestimme, daß Sondereigentum nur eingeräumt werden solle, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Der durch die Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz vom 30.7.1973 neu eingefügte § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG mache eine Ausnahme vom Erfordernis der Abgeschlossenheit für Garagenstellplätze. Für Abstellplätze im Freien gelte, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergebe, diese Ausnahme nicht. Daraus folge, daß die „Car-Ports” sondereigentumsunfähig seien, da sie sich im Freien, also auf der Erdoberfläche, befänden.

Bei § 3 Nr. 3 der Gemeinschaftsordnung handle es sich entgegen dessen Wortlaut nicht mehr um eine nach § 15 WEG zulässige Gebrauchsregelung. Die Gestattung der nachträglichen Errichtung von Verbindungstüren oder Innentreppen durch die Wohnungseigentümer beinhalte das Recht, bauliche Veränderungen vorzunehmen. Dieses Recht erstrecke sich nicht nur auf das Sondereigentum, sondern wie ausdrücklich festgelegt, auch auf das gemeinschaftliche Eigentum. Eine Gebrauchsregelung könne aber nur die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Inhalt haben. Im übrigen sei die in § 3 Nr. 3 ausgesprochene Gestattung auch nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar, wie es das formelle Grundbuchrecht verlange: Es könnten zahllose Verbindungstüren oder Innentreppen nachträglich errichtet werden; wo, wann und wie sei nicht voraussehbar. Das gemeinschaftliche Eigentum könne so in nicht absehbarer Weise umgestaltet werden. Des weiteren ergäben sich daraus Bedenken bezüglich des Erfordernisses der Abgeschlossenheit: Zunächst wegen der weiten Fassung der Gestattung, die in ebenfalls nicht vorhersehbarer Weise dazu führen könne, daß ursprünglich in sich abgeschlossene Wohnungen oder Räume diese Eigenschaft verlören. Es komme hinzu, daß § 3 Nr. 3 auch keine Bestimmung dahin treffe, ob und wie diese Verbindungstüren oder Innentreppen abzuschließen und verschlossen zu halten seien.

2. Die Meinung der Vorinstanzen trifft zu, daß an den sog. „Car-Ports” kein Sondereigentum begründet werden kann; dies wird unter 3a noch näher darzulegen sein. Die Zwischenverfügung und die angefochtene Entscheidung des Landgerichts können aber keinen Bestand haben, weil sie Mängel beanstanden, die nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden können. Sie müssen aus diesem Grund aufgehoben werden.

Eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO ist nicht zulässig, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (BGHZ 27, 310/313, 314; BayObLGZ 1984, 105/106; OLG Hamm MittRheinNot 1983, 2...

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