Leitsatz (amtlich)
1. Zum Verfahrensgegenstand und Prüfungsumfang einer Vorlage nach § 45 Abs. 2 PStG.
2. Zu den Auswirkungen der Rechtswahl gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB und der ihr folgenden Bestimmung der irakischen Namen der Eltern auf die gemeinsamen ehelichen Kinder gemäß § 1616 a BGB.
Normenkette
PStG § 15 Abs. 2 Nr. 4, § 45 Abs. 2; EGBGB Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; BGB § 1616a
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.10.1997; Aktenzeichen 13 T 2356/97) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen UR III 314/96) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Oktober 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Ziff. II der Entscheidung die Worte „zur Zeit noch” entfallen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind irakische Staatsangehörige und haben 1980 in ihrer Heimat die Ehe geschlossen. Ihre gemeinsamen Kinder, die Beteiligten zu 3 und 4, sind 1982 bzw. 1991 im Irak geboren. Nach Einreise in die Bundesrepublik, die vor Oktober 1995 erfolgte, wurden die Beteiligte zu 2 als Flüchtling und die Beteiligten zu 1, 3 und 4 als Asylberechtigte anerkannt.
Sie beantragten beim Standesamt die Anlegung eines Familienbuchs, in das am 10.10.1995 ihre nach irakischem Recht erworbenen Eigennamen eingetragen wurden, nämlich …. In Spalte 10 ist vermerkt: „Die Namensführung der Ehegatten richtet sich nach irakischem Recht”.
Nach Umzug und Geburt ihres dritten gemeinsamen Kindes am 1.9.1996 in Bayern erklärten sie am 15.11.1996 gegenüber dem Standesamt, daß sie künftig ihren Namen nach deutschem Recht führen und ihre persönlichen Namen an das deutsche Namenssystem angleichen wollten. Der Vater wählte A als Vornamen und X als Familiennamen. Die Mutter wählte B als Vornamen und Y als Familiennamen. Zugleich gaben die Ehegatten für ihre gemeinsamen Kinder Erklärungen ab, nach denen der 1982 geborene Sohn (Beteiligter zu 3) H. (Vorname) X (Familienname), der 1991 geborene Sohn (Beteiligter zu 4) T. (Vorname) X (Familienname) und der jüngste Sohn Sch. (Vorname) X (Familienname) heißen sollen.
Das Standesamt vermerkte am 15.11.1996 im Familienbuch, daß sich die Namensführung der Ehegatten mit Wirkung vom 15.11.1996 nach deutschem Recht richte. Der Ehemann führe ab diesem Zeitpunkt den Vornamen A und den Familiennamen X, die Eigennamen seien entfallen. Die Ehefrau führe ab diesem Zeitpunkt den Vornamen B und den Familiennamen Y, die Eigennamen seien entfallen.
Von der Beurkundung der für die drei Kinder beantragten Namensführung sah das Standesamt ab. Vielmehr legte es bezüglich der Beteiligten zu 3 und 4 dem Amtsgericht die Zweifelsfrage vor, ob bei den Kindern ebenfalls der gewünschte Eintrag erfolgen könne. Mit Beschluß vom 30.1.1997 wies das Amtsgericht den Standesbeamten an, im Familienbuch X/Y nach Beachtung von § 1616 a BGB einzutragen:
Spalte 9/1:
„Das Kind führt mit Wirkung vom 15. November 1996 den Vornamen ‚H.’ und den Familiennamen ‚X’, die Eigennamen … sind entfallen.”
Spalte 9/2:
„Das Kind führt mit Wirkung vom 15. November 1996 den Vornamen ‚T.’ und den Familiennamen ‚X’, die Eigennamen … sind entfallen.”
Gegen diesen am 3. März 1997 zugestellten Beschluß legte die Standesamtsaufsicht (= Beteiligte zu 5) am 13.3.1997 sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluß vom 8.10.1997 hob das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts auf und entschied, daß eine Eintragung entsprechend der Angleichungserklärung vom 15.11.1996 bei den Beteiligten zu 3 und 4 zur Zeit noch nicht erfolgen könne. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde vom 14.11.1997 der Beteiligten zu 5, der die Beschwerdeentscheidung nur formlos mitgeteilt worden war. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Sie ist insbesondere rechtzeitig erhoben, weil mangels Zustellung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG die Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt worden ist. Als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten kann die Beteiligte zu 5 Rechtsmittel ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sie beschwert ist; dieses Recht ist ihr gegeben, um eine Klärung streitiger Rechtsfragen durch obergerichtliche Entscheidungen herbeizuführen (§ 49 Abs. 2 PStG; vgl. BayObLGZ 1988, 86/87 m.w.N.).
2. Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Die Eltern hätten im Wege der Angleichung den jeweiligen ersten Namen ihrer Namenskette zum Vornamen und einen weiteren Namens- und Familiennamen bestimmen können. Für die Frage, ob sich die „Angleichungserklärung” auch auf die im Irak geborenen Kinder erstreckt, sei § 1616 a Abs. 3, Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden; das gelte auch für die Bestimmung des ersten Namens der Namenskette zum Vornamen. Die danach erforderlichen Anschlußerklärungen der beiden Kinder un...