Leitsatz (amtlich)
Hat der Schuldner eine Zahlungsverpflichtung mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung notariell beurkunden lassen und den Notar ermächtigt, dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, kann er diese Ermächtigung nicht mehr widerrufen, sobald der Gläubiger eine Ausfertigung der Urkunde erhalten hat. Das gilt auch im Verfahren auf Anweisung an den Notar, dem Gläubiger eine zweite vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.
Normenkette
BGB § 183 S. 1; BeurkG § 51 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 30.04.2003; Aktenzeichen 5 T 47/02) |
AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen 1 H 16/01) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Aschaffenburg vom 30.4.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Schuldner haben der Gläubigerin die dieser im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 58.287,27 Euro = (114.000 DM) festgesetzt.
Gründe
I. Die Schuldner übernahmen im Rahmen der Bestellung einer Grundschuld als Gesamtschuldner zu Urkunde des Notars B. vom 20.10.1980 die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages i.H.v. 250.000 DM nebst Nebenleistungen an die Gläubigerin und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der genannten Urkunde in ihr gesamtes Vermögen. In Ziff. 8 der notariellen Urkunde baten die Schuldner den Notar u.a., der Gläubigerin eine vollständige Ausfertigung der Urkunde zu erteilen.
Das belastete Anwesen wurde versteigert, wobei die Ansprüche der Gläubigerin nur teilweise befriedigt wurden. 1984 erwirkte die Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Schuldner über einen Teilbetrag von 50.000 DM, auf den zuletzt 1989 ein Teilbetrag von 5.000 DM bezahlt wurde. Danach erklärte die Gläubigerin den Beschluss für erledigt. Mit Schreiben vom 18.5.2001 beantragte sie bei dem Notar A als Nachfolger des Notars B. die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 20.10.1980 hinsichtlich eines Teilbetrags von 114.000 DM. Zur Begründung führte sie aus, dass der ursprüngliche Titel nicht mehr auffindbar sei und sie einen weiteren Titel zur Realisierung von Vollstreckungsmaßnahmen benötige. Nach ihren Angaben beläuft sich die Restforderung ohne Zinsen auf 12.816,61 DM.
Mit Schreiben vom 22.5.2001 an das zuständige AG bat der Notar A um Anweisung, der Gläubigerin eine zweite vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde des Notars B. vom 20.10.1980 hinsichtlich eines Teilbetrages von 114.000 DM erteilen zu können.
Mit Beschluss vom 6.2.2002 wies das AG nach einer Beweisaufnahme den Antrag mit der Begründung zurück, der Zahlungsanspruch der Gläubigerin gegen die Schuldner sei verwirkt.
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Gläubigerin hat das LG mit Beschluss vom 30.4.2003 den Beschluss des AG vom 6.2.2002 aufgehoben und den Notar angewiesen, der Gläubigerin eine weitere vollstreckbare Ausfertigung der in Rede stehenden Urkunde hinsichtlich eines Teilbetrags i.H.v. 58.287,27 Euro (= 114.000 DM) zu erteilen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Schuldner.
II. Das Rechtsmittel ist als weitere Beschwerde gegen eine auf § 54 BeurkG gestützte Entscheidung zulässig. Hierfür gelten die Vorschriften des FGG (§ 54 Abs. 2 S. 1 BeurkG). Insbesondere wurde die Form der Rechtsmitteleinlegung gem. § 29 Abs. 1 S. 2 FGG gewahrt.
Die weitere Beschwerde ist aber nicht begründet.
1. Zu Recht hat das LG über das Rechtsmittel gegen den amtsgerichtlichen Beschluss im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden. Gegen die Entscheidung des AG, mit der die Erteilung einer weiteren Ausfertigung einer notariellen Urkunde abgelehnt wird, ist für die Gläubigerin die Beschwerde nach § 54 BeurkG gegeben (BayObLGZ 1999, 343; Zöller/Stöber ZPO 23. Aufl. § 797 Rz. 9a). Dass die Entscheidung des Ausgangsgerichts durch den Richter, nicht durch den Rechtspfleger getroffen wurde (vgl. aber § 20 Nr. 13 RPflG), ist ohne Bedeutung (§ 8 Abs. 1 RPflG).
2. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde sei nach §§ 797, 795, 724, 733 ZPO lediglich davon abhängig, dass ein vollstreckungsreifer, wirksamer Titel mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt vorliege, der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung glaubhaft mache und dieser keine berechtigten Interessen des Schuldners entgegenstünden. Die genannten Voraussetzungen seien hier erfüllt.
Die Schuldner hätten in der notariellen Urkunde vom 20.10.1980 der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung an die Gläubigerin zugestimmt und damit eine Bestimmung i.S.v. § 51 Abs. 2 BeurkG getroffen. Die Gläubigerin habe glaubhaft vorgetragen, dass die ihr erteilte erste vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde nicht mehr auffindbar sei. Ein derartiger Verlust begründe regelmäßig ein Inter...