Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzlich müssen bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments beide Ehegatten testierfähig sein.
2. Die wirksame Aufhebung erbvertraglich bindender Erbeinsetzungen durch ein gemeinschaftliches Testament gemäß § 2292 BGB setzt daher jedenfalls dann die Testierfähigkeit beider Ehegatten voraus, wenn die Ehegatten in dem Testament beide als Erblasser handeln.
3. Eine in den gemeinschaftlichen Testamenten möglicherweise enthaltene Aufhebung oder Abänderung der erbvertraglich bindenden Erbeinsetzung eines Ehegatten kann auch nicht als einseitige Verfügung des Erblassers aufrechterhalten werden, weil sie die Mitwirkung des anderen vorausgesetzt hätte.
Normenkette
BGB § 2292
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 31.01.1995; Aktenzeichen 5 T 274/94) |
AG Cham (Aktenzeichen VI 41/93) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 31. Januar 1995 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Beteiligten zu 2, 3 und 5 der Beteiligten zu 1 die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten haben.
Tatbestand
I.
Der im Jahr 1993 verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1 in erster und einziger Ehe verheiratet. Die Eheleute hatten Gütergemeinschaft vereinbart. Zum Gesamtgut gehört ein Hof sowie weiterer umfangreicher überwiegend landwirtschaftlicher Grundbesitz. Außerdem ist erhebliches Geldvermögen vorhanden. Das Nachlaßgericht hat Nachlaßpflegschaft angeordnet.
Der Erblasser hinterläßt keine Abkömmlinge. Aus der Ehe seiner vorverstorbenen Eltern sind neben dem Erblasser dessen Schwester, die Beteiligte zu 5, sowie ein weiterer 1989 verstorbener Bruder hervorgegangen, der seinerseits drei Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 4, hinterlassen hat. Die Beteiligten zu 6 und 7 sind die Schwestern der Beteiligten zu 1.
In einem Ehe- und Erbvertrag vom 18.6.1959 haben sich der Erblasser und die Beteiligte zu 1, die damals noch verlobt waren, gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt, ohne weitere Verfügungen von Todes wegen zu treffen. Außerdem liegen zwei jeweils auf den 6.5.1990 datierte vom Erblasser eigenhändig geschriebene und unterzeichnete Schriftstücke vor, die den von der Beteiligten zu 1 geschriebenen und unterschriebenen Zusatz: „es ist auch mein letzter Wille” tragen. Darin verfügen die Eheleute jeweils,
„daß unser Vermögen zu gleichen Teilen geteilt wird, je zur Hälfte an die Geschwister und Verwandten meiner Frau und die andere Hälfte an meine Geschwister und deren Nachkommen. … Das Verteilen des Vermögens soll … nach dem Ableben beider Teile geschehen. Bis dahin soll der überlebende Teil der Nutznießer und Wirtschafter sein. Sollte jedoch der überlebende Teil wieder heiraten, oder mit jemanden zusammenleben, so sollte nichts verkauft werden und das Testament soll aufrechterhalten werden und gültig sein.”
Es folgen Anordnungen zur Beerdigung und Grabpflege sowie zum Verfahren der Nachlaßteilung. Eines dieser Testamente haben die Eheleute am 10.5.1990 in die besondere amtliche Verwahrung gegeben und am 23.10.1991 wieder zurückgenommen. Nach den Angaben des Beteiligten zu 2 handelt es sich dabei um das Testament, in dem in einem Zusatz bestimmt ist:
„Die Felder in A. soll mein Neffe (Beteiligter zu 2) bekommen, da er uns immer unterstützt hat. Er soll meiner Schwester 30.000 DM auszahlen.”
Am 23.10.1991 haben die Eheleute ein weiteres gemeinschaftliches Testament in die besondere amtliche Verwahrung gegeben, das auf den 15.8.1991 datiert, vom Erblasser geschrieben und von ihm sowie der Beteiligten zu 1 unterschrieben ist. Darin ist im wesentlichen folgendes bestimmt:
„Es ist unser letzter Wille, daß der Neffe (Beteiligter zu 2) unseren Hof in U. übernimmt, weiterarbeitet und uns dafür pflegt. Die Felder in A. soll meine Schwester (Beteiligte zu 5) erhalten und noch 80.000 DM … dazu und das Haus in F.
Die beiden Schwestern meiner Frau sollen je 35.000 DM … erhalten.
Ich mache meinen Neffen folgende Auflagen: Er muß den von uns überlebenden Teil pflegen, verpflegen und waschen. Er muß uns eine würdige Grabstätte beschaffen … Ferner soll mein Neffe seinen Geschwistern (Beteiligte zu 3 und 4) je 35.000 DM … auszahlen.”
Bei den Akten befinden sich zwei weitere ebenfalls auf den 15.8.1991 datierte vom Erblasser verfaßte Schriftstücke, die von dem vorgenannten Testament in einigen Punkten abweichen und Unterschriftsversuche der Beteiligten zu 1 ausweisen.
Für die Beteiligte zu 1 ist Betreuung angeordnet. Aufgrund eines Hinweises des Betreuers, daß sie bei Abfassung der gemeinschaftlichen Testamente möglicherweise nicht mehr testierfähig gewesen sei, hat das Nachlaßgericht zu dieser Frage umfangreiche Ermittlungen durchgeführt, insbesondere auch ein psychiatrisches Gutachten des Landgerichtsarztes eingeholt. Mit Beschluß vom 29.4.1994 hat es angekündigt, es werde auf Antrag eines Beteiligten die Erteilung eines Erbscheins bewilligen, wonach der Erblasser aufgrund des Ehe- und Erbvertrages vo...