Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

Der für einen mittellosen Betroffenen bestellte Berufsbetreuer kann für die Erledigung einfacher Schreibarbeiten durch eine bei ihm beschäftigte Schreibkraft Aufwendungsersatz nicht verlangen (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Bremen FamRZ 2000, 555).

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Neuburg a.d. Donau (Aktenzeichen XVII 318/98)

LG Ingolstadt (Aktenzeichen 1 T 1014/00)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.11.2005; Aktenzeichen XII ZB 49/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 17. Juli 2000 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 9.2.1999 bestellte das Amtsgericht für den mittellosen Betroffenen einen Rechtsanwalt als Betreuer. Eine Feststellung, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, wurde hierbei nicht getroffen. Am 15.1.2001 ergänzte das Amtsgericht seinen Beschluß jedoch dahin, daß der Betreuer sein Amt berufsmäßig führt. Zuvor, nämlich am 23.2.2000, war die Betreuung aufgehoben worden.

Der Betreuer verlangte mit Schreiben vom 17.3.2000 eine Vergütung in Höhe von 2.565 DM (42,75 Stunden zu je 60 DM) sowie unter anderem für die Benutzung seines Anwaltsbüros einen Aufwendungsersatz von 68 DM für jede Stunde seiner Tätigkeit, also weitere 2.907 DM, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Das Vormundschaftsgericht ordnete mit Beschluß vom 22.5.2000 antragsgemäß die Bezahlung der Betreuervergütung aus der Staatskasse an und lehnte den weitergehenden Antrag auf Ersatz der Bürokosten ab. Die sofortige Beschwerde des ehemaligen Betreuers gegen die teilweise Ablehnung hat das Landgericht am 17.7.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich das zugelassene Rechtsmittel des ehemaligen Betreuers, mit dem er die Erstattung von Aufwendungsersatz, hilfsweise eine Vergütung in Höhe von 1.235 DM zuzüglich Mehrwertsteuer begehrt. Hierzu trägt er vor, sein Büro habe mindestens 13 Stunden für das Schreiben von Vermerken und Briefen, das Absenden von Briefen und die Fertigung von Kopien aufgewandt. Der Stundensatz hierfür betrage 95 DM. Hätte er diese Arbeiten nicht delegiert, wäre für ihn bei diesen Tätigkeiten ein um 50 % höherer Zeitaufwand angefallen.

II.

Der Senat hält die zulässige sofortige weitere Beschwerde für unbegründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß zusätzliche Kosten, die durch den Einsatz einer Bürokraft bzw. durch die Benutzung des bereits vorhandenen Anwaltsbüros entstünden, nicht erstattungsfähig seien. Die Vergütung gemäß den vom Gesetzgeber festgelegten pauschalen Stundensätzen umfasse auch anteilige Bürokosten.

2. Nach Meinung des Senats hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO. Der Beschwerdeführer hat für die Leistungen seiner Bürokraft weder einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 Satz 1, § 670 BGB, noch können diese Leistungen im Rahmen seiner Vergütung (§ 1836a BGB i.V.m. § 1 BVormVG) berücksichtigt werden.

a) Der Beschwerdeführer ist als Berufsbetreuer tätig geworden. Dies hat das Vormundschaftsgericht rückwirkend (vgl. Karmasin FamRZ 1999, 348/349; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1836 Rn. 4) und für den Senat bindend festgestellt. § 27 FGG hindert nicht, diesen erst nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts eingetretenen Umstand zu berücksichtigen, weil es sich um eine offenkundige, auf einem Akt der Gerichtsbarkeit beruhende neue Tatsache handelt (BGH NJW 1994, 579 m.w.N.).

b) Ob ein Berufsbetreuer, der Bürotätigkeiten auf Hilfskräfte delegiert, nach dem Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes die dadurch entstehenden Kosten als Aufwendungen gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 und 4 BGB geltend machen kann, wird nicht einheitlich beantwortet. Das OLG Bremen bejaht dies im Falle eines Betreuungsvereins (FamRZ 2000, 555; zustimmend HK-BUR/Bauer/Deinert § 1835 BGB Rn. 38a; Palandt/Diederichsen § 1836a Rn. 7; Derben BtPrax 2001, 16). Überwiegend wird dies jedoch abgelehnt (Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. Vor § 1835 Rn. 19; Knittel Betreuungsrecht § 1836 BGB Rn. 37; Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1835 Rn. 8; Staudinger/Engler BGB [1999] § 1835 Rn. 36; vgl. auch OLG Hamm Beschluß vom 6.11.2000 15 W 425/99, Umdruck S. 6).

Der letzteren Auffassung tritt der Senat bei. Dabei verkennt er nicht, daß dadurch das Problem, trotz der im Verhältnis zum früheren Recht niedrigen, in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Stundensätze qualifizierte Betreuer zu finden, erheblich vergrößert wird. Er sieht auch, daß dadurch die Möglichkeiten des Betreuers zur rationellen Organisation seiner Tätigkeit eingeschränkt werden. Dies hat besonderes Gewicht, weil die Stundensätze auch bei vermögenden Betroffenen als Orientierungshilfe heranzuziehen sind (BGH NJW 2000, 3709/3710 f.), und die Frage des Ersatzes von Bürounkosten im Grundsatz einheitlich beantwortet werden sollte.

Entscheidend ist für den Senat...

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