Leitsatz (amtlich)
1. Das Festsetzungsverfahren nach § 56g FGG ist auch für gegen den Mündel gerichtete Aufwendungsersatzansprüche des früheren Vermögensvormunds eröffnet, der die Beträge nicht mehr unmittelbar dem Mündelvermögen entnehmen kann.
2. Zu den Aufgaben eines Vermögensvormunds kann die Prüfung der Frage gehören, ob eine Erbschaft des Mündels angenommen oder wegen Überschuldung des Nachlasses ausgeschlagen werden soll; hierfür getätigte Aufwendungen sind grundsätzlich erstattungsfähig.
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 25.11.2003; Aktenzeichen 60 T 2805/03) |
AG Freising (Aktenzeichen VII 1024/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Landshut vom 25.11.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) war in der Zeit vom 17.6.2002 bis 18.10.2002 berufsmäßiger Vormund des damals minderjährigen Beteiligten zu 1) für den Aufgabenkreis Vermögenssorge. Er macht Vergütung und Auslagenersatz primär gegen den vormaligen Mündel, hilfsweise gegen die Staatskasse geltend.
Der Beteiligte zu 1) war nach dem Tod seiner verwitweten Mutter im Mai 2002 Vollwaise geworden. Der Nachlass der Mutter bestand im Wesentlichen aus einem Gewerbebetrieb (Verkauf, Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen), den sie als eingetragene Kauffrau betrieben hatte. Der Beteiligte zu 2) sah sich als Vermögensvormund vor die Frage gestellt, ob er für den Beteiligten zu 1) als gesetzlichen Alleinerben die Erbschaft annehmen oder ausschlagen sollte. Zu diesem Zweck ließ er die finanzielle Lage der Firma und Möglichkeiten einer Fortführung, Sanierung oder eines Verkaufs prüfen. Hierfür fielen Honorarkosten einer Steuerberatungsgesellschaft i.H.v. 10.797,22 Euro an. Nach dem Ergebnis der Prüfung war die Firma überschuldet und eine Fortführung, Sanierung oder ein Verkauf nicht möglich. Daraufhin schlug der Beteiligte zu 2) für den Mündel die Erbschaft aus; die Ausschlagung wurde vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Mit Beschluss des AG vom 31.7.2002 wurde der Nachlass unter vorläufige Insolvenzverwaltung gestellt.
Das eigene Vermögen des Mündels wurde mit 30.736,86 Euro festgestellt. Es besteht überwiegend aus Guthaben auf einem Sparkonto, auf dem das Erbe nach seinem Vater angelegt wurde.
Mit Beschluss vom 24.9.2003 setzte das VormG eine Vergütung für 103 Stunden mit 3.703,88 Euro sowie einen Aufwendungsersatzanspruch von 10.797,22 Euro, insgesamt 14.501,10 Euro, gegen die Staatskasse fest. Ferner setzte es einen Vergütungsanspruch gegen den Mündel i.H.v. 1.294,56 Euro fest und wies den darüber hinausgehenden Festsetzungsantrag ab. Soweit Festsetzung gegen die Staatskasse erfolgte, ist zur Begründung ausgeführt, dass das Vermögen des Mündels zwar über dem Schonbetrag von 2.301 Euro liege, die Heranziehung des Mündelvermögens aber unbillig wäre.
Der Beteiligte zu 3) (Staatskasse) hat die Festsetzung gegen die Staatskasse mit der sofortigen Beschwerde angefochten. Mit Beschluss vom 25.11.2003 änderte das LG die Festsetzung des AG dahin ab, dass der Betrag von 14.501,10 Euro nicht aus der Staatskasse, sondern vom Mündel zu zahlen ist. Hiergegen richtet sich die - vom LG zugelassene - sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 12.12.2003, die dem Rechtsbeschwerdegericht am 7.7.2004 vorgelegt wurde.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. vom LG zugelassen und form- und fristgerecht eingelegt (§ 56g Abs. 5 S. 2, §§ 27, 29 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Es hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Wirksamkeit der Zulassung steht nicht entgegen, dass die Zulassung durch den Einzelrichter ausgesprochen wurde. Zwar konnte ihm die Rechtssache nur übertragen werden, weil die originär zuständige Zivilkammer der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 30 Abs. 1 S. 3 FGG, § 526 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Es erscheint daher widersprüchlich, wenn der Einzelrichter, wie hier, ohne dass sich die Sachlage geändert hätte, die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG). Die Rückübertragung auf den Kollegialspruchkörper wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist jedoch nur nach einer wesentlichen Änderung der Prozesslage möglich und geboten (§ 526 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Deshalb ist es dem (sog. fakultativen) Einzelrichter in diesen Fällen erlaubt, das (weitere) Rechtsmittel wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn eine solche wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, d.h. die grundsätzliche Bedeutung der Sache durch den übertragenden Kollegialspruchkörper einerseits und dem Einzelrichter andererseits lediglich unterschiedlich beurteilt wird (BGH NJW 2003, 2900 - Revision; BayObLGZ 2004, 29; weitere Beschwerde im FG-Verfahren; zur abweichenden Rechtslage bei Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den sog. originären Einzelrichter BGH v. 13.3.2003 - IX ZB 134/02, MDR 2003, 588 = BGHReport 2003, 627 = NJW 2003, 1254; v. 10.11.2003 - II ZB 14/02, MDR 2004, 407 = BGHReport 2004, 329 = NJ...