Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung von Wohnungseigentum. Bestimmung des zuständigen Gerichts
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 6 O 1135/99) |
AG Kelheim (Aktenzeichen 1 UR II 17/98) |
Tenor
Zuständig ist das Landgericht Regensburg.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Beklagte/Antragsgegnerin beantragte beim Amtsgericht Kelheim, Beschlüsse einer Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären. Die Kläger/Antragsteller haben in diesem Verfahren den Gegenantrag gestellt, die Beklagte/Antragsgegnerin gemäß § 18 WEG zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums zu verurteilen. Das Amtsgericht – Wohnungseigentumsgericht – hat das Verfahren über diesen Antrag abgetrennt, die Beteiligten darauf hingewiesen, daß dafür das Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht eröffnet sei, und ihnen Gelegenheit zur Antragstellung „zu der notwendigen Verweisung an das sachlich zuständige Landgericht Regensburg” gegeben. Daraufhin hat die Beklagte/Antragsgegnerin die Verweisung an das Landgericht Regensburg beantragt, die Kläger/Antragsteller haben zugestimmt.
Mit Beschluß vom 9.6.1999 hat sich das Amtsgericht „als Wohnungseigentumsgericht für sachlich unzuständig” erklärt und den Rechtsstreit an das „sachlich zuständige” Landgericht Regensburg verwiesen. Der Beschluß ist den Klägern/Antragstellern am 15.6.1999 und der Beklagten/Antragsgegnerin am 21.6.1999 zugestellt worden. Jeweils am 2.7.1999 haben die Beteiligten gegenüber dem Amtsgericht erklärt, sie seien „im Hinblick auf § 51 WEG” weiterhin damit einverstanden, daß der Rechtsstreit vor dem Landgericht Regensburg geführt werde. Anschließend hat das Amtsgericht die Akten an das Landgericht Regensburg übersandt. Dieses hat mit Beschluß vom 2.8.1999 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und sich für sachlich nicht zuständig erklärt. Der Beschluß des Landgerichts ist den Klägern/Antragstellern am 9.8.1999 und der Beklagten/Antragsgegnerin am 10.8.1999 zugestellt worden.
Das Amtsgericht – Wohnungseigentumsgericht – hat die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist als das gemeinsame obere Gericht in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen Wohnungseigentumsgericht und Prozeßgericht berufen (BayObLG WuM 1999, 231/232 m.w.N.).
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben, nachdem sich sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
Der Beschluß des Amtsgerichts als Wohnungseigentumsgericht, mit dem es sich für unzuständig erklärt hat, kann nach der Rechtsprechung des Senats gemäß § 45 Abs. 1 WEG mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (BayObLG NZM 1998, 515/516 m.w.N.); ein Rechtsmittel ist aber nicht eingelegt worden. Gegen die Entscheidung des Landgerichts, mit der es die Übernahme des Verfahrens abgelehnt hat, war entsprechend § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde zulässig (BGHZ 130, 159/162 f.; BayObLG WE 1997, 432 m.w.N.); auch dieser Beschluß ist nicht angefochten worden.
Das nach § 37 Abs. 1 ZPO zur Zuständigkeitsbestimmung erforderliche Gesuch liegt in der Vorlage der Akten durch das Amtsgericht.
3. Als zuständiges Gericht ist das Landgericht Regensburg zu bestimmen. Der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts als Wohnungseigentumsgericht ist nach Eintritt der formellen Rechtskraft für das Gericht, an das verwiesen wird, gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG, § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG grundsätzlich bindend; dies ist auch bei der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten (BayObLG WE 1997, 432; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 36 Rn. 25).
Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Abgabebeschluß offensichtlich unrichtig ist, also jeder Rechtsgrundlage entbehrt, und damit auf Willkür beruht (BayObLG WuM 1999, 231/232 und WE 1997, 432 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall. Für die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums (§ 18 WEG) ist das Wohnungseigentumsgericht funktionell nicht zuständig (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG); das Verfahren war daher entsprechend § 46 Abs. 1 WEG an das Prozeßgericht abzugeben. Bei der Abgabe hat das Wohnungseigentumsgericht allerdings nicht berücksichtigt, daß nach § 51 WEG das Amtsgericht – Prozeßgericht –, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, örtlich und sachlich für den Rechtsstreit zuständig ist. Diese Zuständigkeit ist jedoch keine ausschließliche; abweichende Vereinbarungen der Prozeßbeteiligten sind möglich (BGHZ 59, 104/107; Staudinger/Kreuzer WEG Rn. 4 m.w.N., Bärmann/Merle WEG 7. Aufl. Rn. 2, jeweils zu § 51). Der nach Gewährung rechtlichen Gehörs mit Zustimmung der Beteiligten ergangene Abgabebeschluß kann daher nicht als willkürlich bezeichnet werden. Auf die Wirksamkeit der nach seinem Erlaß gegenüber dem Wohnungseigentumsgericht erklärten Gerichtsstandsvereinbarung der Beteiligten ...