Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Tatrichterliche Feststellung der Nachteilswirkung einer baulichen Veränderung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 482 UR II 1026/97) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 15209/98) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 19. Mai 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus einem Treppenhausturm und zwei südöstlich und südwestlich angefügten Baukörpern besteht. In dieser Wohnanlage befindet sich die Wohnung Nr. 603, die sich vom 6. Obergeschoß bis zum 8. Obergeschoß erstreckt.
An die Nordseite des Treppenhausturms ist ein fünfstöckiges Gebäude angebaut, das zu einer anderen Wohnanlage gehört; der Zugang zu den Wohnungen führt über den Treppenhausturm. Der Lebensgefährte der Eigentümerin der Wohnung Nr. 603 ist berechtigt, auf dem Flachdach des fünfstöckigen Anbaus „ein Gebäude” zu errichten. Zur Absicherung des Zugangsrechts wurde für ihn am Wohnungseigentum Nr. 603 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit dem Inhalt bestellt, daß er das Dach, auf dem er „das Gebäude” errichten darf, über zwei Treppen erreicht, die auf der Terrasse des Sondereigentums Nr. 603 erstellt werden.
In der Teilungserklärung der Wohnanlage, die aus dem Treppenhausturm und den zwei südöstlich und südwestlich angefügten Baukörpern besteht, heißt es:
Die Gemeinschaft der mit dieser Teilungserklärung begründeten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten anerkennt das Recht des Flügelanbaus und der Mitbenutzung des Treppenhaustrakts für die Eigentümergemeinschaft des Flügelanbaus.
Außerdem ist bei den Bestimmungen über die Veräußerungsbeschränkung in der Teilungserklärung ausgeführt, daß ein Erwerber dem jeweiligen Verwalter eine Vollmacht zu erteilen hat, die mindestens beinhalten muß:
Die Ermächtigung des Bevollmächtigten zur Bestellung von Dienstbarkeiten …, um die Einlegung und Belassung von Leitungen zur Ver- und Entsorgung des Nordflügelanbaus zu gewährleisten.
Zur Sicherung und Erschließung des Flügelanbaus wurden von den Eigentümern der Wohnanlage Dienstbarkeiten bestellt, und zwar u.a. ein Treppenhausmitbenutzungsrecht, ein Wegerecht und ein Fernheizleitungsrecht.
In der Eigentümerversammmlung vom 21.10.1997 beschlossen die Wohnungseigentümer mit der Mehrheit der Erschienenen, nicht aber mit der in der Gemeinschaftsordnung für bauliche Veränderungen vorgeschriebenen Stimmenmehrheit von 3/4 sämtlicher Wohnungseigentümer, in einem anderen zwischen der Eigentümerin der Wohnung Nr. 603 und den übrigen Wohnungseigentümern der Wohnanlage anhängigen Verfahren zu dessen Beendigung der Eigentümerin der Wohnung Nr. 603 ein neues Vergleichsangebot zu unterbreiten. Dies beinhaltete u.a. die Zustimmung der Wohnungseigentümer zu „der baulichen Verbindung” zwischen der Wohnanlage und dem Flügelanbau im 6. und 7. Obergeschoß „gemäß den beigefügten Plänen”. Außerdem sah das Vergleichsangebot vor, daß der Eigentümerin der Wohnung Nr. 603 die Leitungsführung genehmigt wird für die Beheizung des 7. und 8. Obergeschosses der Wohnanlage sowie des 6. und 7. Obergeschosses des Flügelanbaus mittels Erdgas auf der Wegeführung Süd/Westecke der Straße zum Kellergeschoß Westflügel, sodann entlang des Ganges an der Decke bis zum Müllraum und von dort in einem Leerschacht hinter dem Müllschlucker aufwärts zum 7. Obergeschoß mittels eines Gasrohres.
Die Antragsteller haben beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 17.7.1998 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 19.5.1999 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß sei für ungültig zu erklären. Die in dem Vergleichsangebot vorgesehene Verbindung zwischen den beiden Gebäuden und die Anbringung der zusätzlichen Gasleitung stellten bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die über eine ordnungsmäßige Instandsetzung und Instandhaltung hinausgingen. Beide Maßnahmen hätten nachteilige Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer. Die in dem Vergleichsangebot vorgesehene bauliche Verbindung zwischen den beiden Gebäuden sei in der Zwischenzeit teilweise durchgeführt worden. Aus den vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, daß es sich um eine Baumaßnahme erheblichen Umfangs handle, die auch von weitem für einen außerhalb des Gebäudes stehenden Betrachter deutlich sichtbar sei. Sie bewirke eine nachteilige Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks, da sie die bisherige klare Linienführung deutlich st...