Leitsatz (amtlich)
1. Die neue gesetzliche Bestimmung von § 34 Abs. 1 Nr. 10 KCanG erfasst das bewusste Wegwerfen von Konsumcannabis im öffentlichen Straßenraum, auch wenn es vor dem 1. April 2024 erfolgte.
2. Die Tat ist vollendet, wenn der Dritte Zugriff erlangt hat. Das Versuchsstadium ist erreicht, sobald der Täter die Betäubungsmittel für andere zugreifbar zurücklässt.
3. Die Entscheidung über die Anordnung der Einziehung von Konsumcannabis steht nach § 37 S. 1 KCanG im Ermessen des Gerichts. Im Urteil bedarf es mit Blick auf die Regelung von § 3 KCanG Ausführungen des Tatrichters zur Ermessensausübung bei der Einziehung von sichergestelltem Konsumcannabis.
Normenkette
KCanG § 34 Abs. 1 Nr. 10, § 37; StGB § 2 Abs. 3, 5
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Entscheidung vom 25.08.2023; Aktenzeichen 2 NBs 324 Js 10154/22) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 25. August 2023
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten unerlaubten Inverkehrbringens von Konsumcannabis schuldig ist,
- im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Die Liste der angewandten Strafvorschriften lautet § 34 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 10 KCanG, §§ 22, 23 StGB.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Weiden i.d.OPf. hat den Angeklagten am 2. Februar 2023 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Weiden i.d.OPf. am 25. August 2023 verworfen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt die Revision kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die formelle Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht bezogen auf den Tatort ist jedenfalls unbegründet. Eines Augenscheins bedurfte es nicht. Die Strafkammer hat eine Luftbildaufnahme des Tatorts und mehrere Lichtbilder, die den Stadtmühlweg zeigen, in Augenschein genommen (Urteil S. 13). Ergänzend dazu hat sie die Auffindeörtlichkeit mittels Zeugenaussagen unter Zuhilfenahme der Lichtbilder geklärt (Urteil S. 13, 14 und 15). Der Zeuge C. hat bekundet, sich zum Tatzeitpunkt nicht im Bereich des Hauseingangs aufgehalten zu haben (Urteil S. 15). Auch die Revision behauptet nicht, dass der Zeuge C. den Verbindungsweg benutzt hätte, sondern stellt diese Möglichkeit lediglich in den Raum (Revisionsbegründung S. 1). Mangels Mehrgewinn an Erkenntnis war somit die Durchführung eines Augenscheins zur weiteren Aufklärung der Tat nach § 244 Abs. 2 StPO nicht geboten. Die darüber hinaus erhobenen formellen Rügen berühren lediglich die Strafzumessung.
III.
Mit der Sachrüge hat die Revision des Angeklagten den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung gehen fehl. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist eingedenk des eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs des Revisionsgerichts nicht zu beanstanden. Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei begründet, weshalb sie der Einlassung des Angeklagten, er hätte in Kenntnis seiner polizeilichen Verfolgung auf seiner Flucht das vom - auch nach der Einlassung des Angeklagten - nicht verfolgten Zeugen C. angeblich zurückgelassene Marihuana nur kurz aufgehoben und dann wieder fallen lassen, mit Blick auf die Wahrnehmungen der beiden Polizeibeamten T. und F. keinen Glauben geschenkt hat.
2. Der Schuldspruch ist neu zu fassen.
a. Das Tatgericht hat - soweit für die Begründung der Revisionsentscheidung von Bedeutung - die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
Am 17. September 2022 gegen 23.00 Uhr führte der Angeklagte ohne die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis im Stadtgebiet von Weiden i.d.Opf. insgesamt 11,19 Gramm Marihuana wissentlich bei sich. Ein Teil der Betäubungsmittel war zur Übergabe an den Zeugen C. bestimmt. Als der Angeklagte auf dem Weg zum Zeugen bemerkte, dass er zwei Polizeibeamten aufgefallen war, flüchtete er und warf die Betäubungsmittel während der Flucht mit dem Fahrrad vor einem Hauseingang auf dem Boden, wo das Rauschmittel kurz darauf von den Polizeibeamten sichergestellt wurde. Wann und wie der Angeklagte in den Besitz des Marihuanas gekommen ist, hat die Strafkammer nicht feststellen können.
b. Nach der gesetzlichen Neuregelung, die zum 1. April 2024 in Kraft getreten ist, ist zwar alleine der Besitz von bis zu 30 Gramm Konsumcannabis außerhalb des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes nicht mehr strafbar, auch wenn das Betäubungsmittel wie hier nicht aussch...