Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption seines (türkischen) Kindes durch (deutsche) Ehegatten nach dem Gleichgültigkeitstatbestand.
Normenkette
BGB § 1748 Abs. 1; EGBGB Art. 22-23
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 28.03.2001; Aktenzeichen 4 T 1509/00) |
AG Kempten (Aktenzeichen VII 90/97) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 28. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat dem Beteiligten zu 2 die diesem im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die 1996 geborene Beteiligte zu 1 ist die (eheliche) Tochter des Beteiligten zu 2. Ihre Eltern, die beide die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, haben 1995 in der Türkei die Ehe geschlossen. Das Amtsgericht Kempten (Allgäu), in dessen Bezirk sie ihren Wohnsitz hatten, hat die Ehe durch Urteil vom 11.3.1997 geschieden. Die elterliche Sorge für die Beteiligte zu 1 hat es dem Kreisjugendamt übertragen.
Am 5.12.1996 war die Beteiligte zu 1 mit Zustimmung ihrer Eltern in Inkognito-Adoptionspflege zu einem Ehepaar (deutscher Staatsanhörigkeit) gegeben worden, das sie jetzt adoptieren will. Die Mutter hat am 13.2.1997 und – nach Ablauf der Frist des § 1750 Abs. 4 Satz 2 BGB – erneut am 26.1.2000 mit notarieller Urkunde ihre Einwilligung in die Adoption ihrer Tochter erklärt. Der Beteiligte zu 2 hatte bei einer Besprechung der Eltern mit der Sachbearbeiter in des Kreisjugendamts am 4.12.1996 folgende von Letzterer vor formulierte Erklärung unterzeichnet:
Vorabzustimmung
Ich … (Name, Geburtsdatum, Adresse des Beteiligten zu 2) gebe meine Zustimmung, daß meine eheliche Tochter … (die Beteiligte zu 1) vom Kreisjugendamt in Adoptionspflege vermittelt werden darf.
Ich werde mit Sicherheit 8 Wochen nach der Geburt meine notarielle Einwilligung erteilen; sollte ich dies nicht tun, bin ich mit der Ersetzung meiner Einwilligung durch das zuständige Vormundschaftsgericht einverstanden.
In Ergänzung dieser „Vorabzustimmung” hatte er selbst eine Erklärung formuliert, die – in der Übersetzung der am 4.12.1996 beigezogenen Dolmetscherin – lautet:
Ich gebe mein Kind nicht freiwillig. Da ich davon ausgehe, daß ich die elterliche Sorge wahrscheinlich nicht erhalten werde und ich es aber für wichtig erachte, daß meine Tochter Vater und Mutter hat und so Sorge für ihre Zukunft tragen will, erteile ich diese Zustimmung.
Bis zu seiner Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei am 30.5.1997 hat er die Einwilligung in die Adoption seiner Tochter nicht erklärt.
Das Kreisjugendamt als Vormund des Kindes hat mit Schreiben vom 10.9.1997 die Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption beantragt.
Durch Beschluß vom 25.11.1997 hat das Vormundschaftsgericht die Einwilligung des Beteiligten zu 2 in die Adoption ersetzt und die öffentliche Zustellung des Beschlusses an den Kindesvater verfügt, von dem es annahm, daß er unbekannten Aufenthalts sei; auch seine Anhörung war deswegen unterblieben.
Der Beteiligte zu 2 hatte am 7.7.1997 in der Türkei wieder geheiratet. Da seine jetzige Ehefrau in der Bundesrepublik Deutschland lebt, erhielt er wieder eine Aufenthaltsbewilligung für die Bundesrepublik Deutschland und reiste am 22.11.1997 erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 7.1.1998 beauftragte er seine Verfahrensbevollmächtigten, sich um die Adoptionsangelegenheit zu kümmern. Diese haben, nachdem sie Kenntnis vom Stand des Verfahrens erhalten hatten, mit Schriftsatz vom 11.2.1998 sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 25.11.1997 eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 10.5.1999 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 25.11.1997 verworfen. Auf weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 hat der Senat mit Beschluß vom 27.1.2000 die Beschlüsse der Vorinstanzen vom 10.5.1999 und vom 25.11.1997 aufgehoben und die Sache zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 2 und die für die Adoption zuständige Sachbearbeiterin des Kreisjugendamts angehört und dann mit Beschluß vom 18.4.2000 den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Ersetzung der Einwilligung zur Adoption zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 18.4.2000 aufzuheben und die Einwilligung zu ersetzen.
Das Landgericht hat durch einen beauftragten Richter den Beteiligten zu 2 sowie die Mutter des Kindes angehört und Zeugen, darunter die (ehemalige) Sachbearbeiter in des Kreisjugendamts, vernommen. Mit Beschluß vom 28.3.2001 hat es die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewies...