Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen. Wohnungseigentum: Einschränkung der Tierhaltung in der Hausordnung bzw Untersagung der Tierhaltung nach Abmahnung hausordnungswidrigen Verhaltens
Leitsatz (redaktionell)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. In einer Hausordnung kann bestimmt werden, daß jeder Wohnungseigentümer verpflichtet ist, Haustiere, insbesondere Katzen und Hunde, so zu halten, daß sie in den Außenanlagen und im Haus nicht frei herumlaufen und die Wohnungen sowie Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können.
2. In einer Hausordnung kann auch bestimmt werden, daß bei Nichtbeachtung der Vorschriften über die Tierhaltung bei drei erfolglosen schriftlichen Abmahnungen die Tierhaltung vom Verwalter untersagt werden muß.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.09.1993; Aktenzeichen 1 T 9995/93) |
AG München (Beschluss vom 20.04.1993; Aktenzeichen UR II 104/93) |
Tenor
- Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 24. September 1993 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
- Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 20. April 1993 wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
- Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin gehört eine im Erdgeschoß liegende Wohnung mit angrenzendem Gartenanteil. Zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnern besteht Streit wegen der von der Antragstellerin gehaltenen Katze.
In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, daß die Aufstellung und Änderung der Hausordnung von der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluß vorgenommen wird. In der Hausordnung vom 12.3.1974 heißt es:
Das Halten von Haustieren ist grundsätzlich gestattet. Der Wohnungsinhaber hat jedoch dafür zu sorgen, daß durch die Tiere weder Schmutz noch Belästigung verursacht werden (dies gilt auch insbesondere für lärmmäßige Belästigungen).
Hunde sind innerhalb des Hauses und der Außenanlagen an der Leine zu führen. Bei Nichtbeachtung kann die Tierhaltung von der Hausverwaltung untersagt werden.
In der Eigentümerversammlung vom 28.1.1993 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Hausordnung unter anderem hinsichtlich des Haltens von Haustieren zu ergänzen und bezüglich der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Regeln über die Tierhaltung wie folgt zu ändern:
Der Wohnungsinhaber ist verpflichtet, Haustiere, insbesondere Katzen und Hunde, so zu halten, daß sie in den Außenanlagen und im Haus nicht frei herumlaufen und die Wohnungen bzw. Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können.
Bei Nichtbeachtung kann und bei drei erfolglosen schriftlichen Abmahnungen muß die Tierhaltung von der Hausverwaltung untersagt werden.
Die Antragstellerin hat am 10.2.1993 unter anderem beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 20.4.1993 den Antrag insoweit abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 24.9.1993 den Beschluß des Amtsgerichts in diesem Punkt aufgehoben und beide Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
- Ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts führen würde, liegt nicht darin, daß an der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Zum einen trifft die entsprechende Behauptung der Rechtsbeschwerdeführer nicht zu, zum anderen wird auf die Entscheidung des Senats vom 20.6.1990 (BayObLGZ 1990, 173) hingewiesen.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Ergänzungsbeschluß über das Halten von Haustieren stelle keine Regelung des ordnungsmäßigen Gebrauchs dar. Das dauernde Einsperren einer Katze in der Wohnung oder das Anleinen beim Ausführen widerspreche einer artgerechten Tierhaltung. Im übrigen entspreche es in Vorstadtwohnvierteln mit Gärten und Freiflächen wie hier der üblichen Katzenhaltung, die Tiere frei herumlaufen zu lassen. Abgesehen davon begegne es grundsätzlichen Bedenken, wenn die Hausordnung geändert werde, um die Katzenhaltung nur eines Wohnungseigentümers einzuschränken, statt die Streitfrage im Wege der Eigentums- oder Besitzstörungsklage einer Klärung zuzuführen. Auch sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin aufgrund der bisherigen Hausordnung auf die Zulässigkeit der von ihr gehandhabten Katzenhaltung habe vertrauen dürfen. Es werde zwar nicht verkannt, daß durch das freie Herumlaufen von Katzen den Nachbarn Unannehmlichkeiten entstehen könnten. Diese gingen jedoch nicht über das unvermeidliche Ma...