Leitsatz (amtlich)
Der ausländische Ehegatte eines Spätaussiedlers kann nach seiner Einbürgerung in Deutschland eine Namensanpassungserklärung gem. § 94 Abs. 1 BVFG auch dann abgeben, wenn er selbst nicht den Status eines Spätaussiedlers hat.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 09.10.2003; Aktenzeichen 7 T 372/03) |
AG Regensburg (Aktenzeichen UR III 30/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 9.10.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der 1969 in Kasachstan geborene Beteiligte zu 1) ist Spätaussiedler. Mit Urkunde vom 18.12.1995, ausgehändigt am 25.4.1996, wurde er eingebürgert. Am 8.5.1995 schloss er mit der 1973 geborenen Beteiligten zu 2), einer kasachischen Staatsangehörigen, in Bayern die Ehe. Die Beteiligten führen den Familiennamen des Beteiligten zu 1) als Ehename. Die Beteiligte zu 2) wurde mit Urkunde vom 20.7.2001, ausgehändigt am 31.7.2001, eingebürgert.
Am 23.10.2001 erklärte die Beteiligte zu 2) zur Urkunde des Standesbeamten, dass sie künftig ... als deutschsprachige Form ihres Geburtsnamens und "Eugenia" als deutschsprachige Form ihres Vornamens (bisher: Evguenia) führen wolle. Ihren Vatersnamen wolle sie ablegen.
Der Standesbeamte hat Bedenken, ob die Beteiligte zu 2) berechtigt ist, Erklärungen zur Namensführung gem. § 94 BVFG abzugeben und ob diese in Spalte 10 des Familienbuchs einzutragen seien; er hat die Sache über die Aufsichtsbehörde, die Beteiligte zu 3), dem AG zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat mit Beschluss vom 7.7.2003 den Standesbeamten angewiesen, die gem. § 94 BVFG wirksam zustande gekommene Erklärung der Beteiligten zu 2) vom 23.10.2001 in Spalte 10 des Familienbuchs der Eheleute einzutragen. Gegen die ihr am 29.7.2003 zugestellte Entscheidung hat die Beteiligte zu 3) am 5.8.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 S. 2 BVFG der Ansicht, der Ehegatte eines Spätaussiedlers könne nur dann wirksam Namenserklärungen im Rahmen des § 94 BVFG abgeben, wenn die Ehe bei Aussiedlung bereits drei Jahre bestanden habe und auch der Ehegatte aufgrund des Aufnahmeverfahrens die Rechtsstellung als Deutscher i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG erworben habe. Mit Beschluss vom 9.10.2003, zugestellt am 22.10.2003, hat das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der am 3.11.2003 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Das gem. § 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG zulässige, insb. fristgerechte Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung auf die Gründe des Beschlusses des AG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt: § 94 BVFG enthalte keine Beschränkung darauf, dass der Ehegatte eines Spätaussiedlers die Rechtsstellung eines Deutschen i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 S. 2 BVFG erlangt haben dürfe. Eine Beschränkung bestehe nur insoweit, als das Erklärungsrecht des deutschen Ehegatten nicht originär sei, sondern aus einer noch im Zeitpunkt der Erklärung bestehenden Ehe mit einem Vertriebenen oder Spätaussiedler abgeleitet sei. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Zielsetzung der Vorschrift sowie die Achtung vor dem Namensrecht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts seien mit einer einschränkenden Auslegung des § 94 BVFG nicht vereinbar.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Gemäß § 94 Abs. 1 BVFG können Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge durch Erklärung ggü. dem Standesbeamten Bestandteile ihres Namens ablegen, die im deutschen Namensrecht nicht vorgesehen sind (Nr. 1); und sie können eine deutschsprachige Form ihrer Vornamen annehmen (Nr. 3). An der förmlichen Wirksamkeit der Erklärung der Beteiligten zu 2) vom 23.10.2001 besteht kein Zweifel (§ 15 e PStG, § 94 BVFG).
b) Inhaltlich setzt die Erklärung des Ehegatten eines Spätaussiedlers nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BVFG nicht nur die Eigenschaft als Ehegatte voraus; vielmehr muss er nach dem Wortlaut des § 94 Abs. 1 BVFG auch Deutscher i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG sein. Während der Ehemann der Beteiligten zu 2) als Spätaussiedler (§ 4 Abs. 3 S. 1 BVFG) Deutscher im Sinn von Art. 116 Abs. 1 GG ist und die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund Einbürgerung am 18.12.1995 (§ 6 StAngRegG) erworben hat, hat die Beteiligte zu 2) am 20.7.2001 die deutsche Staatsangehörigkeit gem. § 8, § 9 StAG erworben und ist dadurch Deutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG geworden.
Damit erfüllt die Beteiligte zu 2) die Voraussetzungen für die von ihr gewünschte Namensanpassung gem. § 94 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BVFG.
c) Der Senat folgt der von der Beteiligten zu 3) und vereinzelt im Schrifttum (Hemberger, StAZ 1994, 306 [307]; StA-Fachausschuss Nr. 3500, StAZ 1998, 293) vertretenen Auffassung nicht, Voraussetzung für die Abgabe einer Erklärung zur Namensänderung nach § 94 BVFG sei der Status als Vertriebener bzw. Spätaussiedler (§ 4 Ab...