Leitsatz (amtlich)
Durch die Errichtung eines Wintergartens auf der Terrassenfläche, an der ein Sondernutzungsrecht besteht, werden die übrigen Wohnungseigentümer über das zulässige Maß hinaus in ihren Rechten in der Regel schon dadurch beeinträchtigt, dass durch den Wintergarten eine intensivere Nutzung der Terrassenfläche ermöglicht wird.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 22.09.2003; Aktenzeichen 1 T 2446/03) |
AG München (Aktenzeichen 482 UR II 719/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 22.9.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamt schuldner die gerichtlichen und außer gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 36.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten (im Folgenden: Wohnungseigentümer) einer Wohnanlage. Den Antragsgegnern gehört eine Eigentumswohnung mit vorgelagerter Terrasse. Auf dieser errichteten sie im Jahr 1998 ohne Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer einen Wintergarten mit einer Grundfläche von etwa 30 m2. Eine Baugenehmigung für das Vorhaben wurde erst am 29.11.2002 erteilt.
In der Eigentümerversammlung vom 10.3.1999 wurde der Antrag der Antragsgegner, die Errichtung des Wintergartens nachträglich zu genehmigen, mit Mehrheit abgelehnt. Dieser Eigentümerbeschluss ist nicht angefochten worden. Angenommen wurde der Antrag, die Antragsgegner zur Beseitigung des Wintergartens und zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands aufzufordern und dies erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen. Der Antrag der Antragsgegner, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, wurde mit Beschluss des Senats (BayObLG, Beschl. v. 19.2.2004 - 2Z BR 212/03) rechtskräftig abgewiesen.
Die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung (GO) enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 7 Nutzung des Sondereigentums
(1) Im Rahmen der Zweckbestimmung nach § 2 GO kann jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum ungehindert nutzen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Der Bestand, die Sicherheit und das architektonische und ästhetische Bild des Gebäudes dürfen nicht beeinträchtigt werden.
§ 8 Einwirkungen auf die Außenseite der Gebäude
Vor Ausgestaltung der nach außen sichtbaren Gebäudeteile, insb. der Terrassen und Freisitze durch Anstrich, Anbringung von Gegenständen u.ä. ist mit dem Verwalter Rücksprache zu nehmen, damit dieser mit dem Architekten die Gesamtgestaltung der Fassade abstimmen kann. Werden die Hinweise des Verwalters nicht beachtet, so kann die Versammlung der Wohnungseigentümer die Beseitigung des Anstrichs oder derjenigen Ausstattungsgegenstände verlangen, die ohne Zustimmung des Verwalters angebracht wurden ...
§ 10 Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und der Erbbaurechtsfläche
(2) Keinem Wohnungseigentümer ist gestattet, Räume zur privaten Nutzung außer den ihm zugeteilten zu schaffen oder in Anspruch zu nehmen.
(5) Den im Aufteilungsplan mit den Nummern ... (darunter die Wohnung der Antragsgegner) bezeichneten Erdgeschosswohnungen sind die im gleichen Plan ... schraffierten Grünflächen, auf denen sich Freisitze befinden, vorgelagert. Die Benutzung dieser Flächen und Freisitze wird gem. § 15 WEG dahingehend geregelt, dass dem Wohnungseigentümer der jeweiligen Wohnung der alleinige Gebrauch der vorgelagerten Grünfläche mit Freisitz zusteht .... Die Sondernutzung bezieht sich nicht auf bauliche oder farbliche Veränderungen an dem Freisitz, über die von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschlossen wird.
Die Antragsteller haben bei dem AG beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Wintergarten auf der ihrer Wohnung vorgelagerten Terrasse zu beseitigen. Mit Beschluss vom 20.1.2003 hat das AG die Antragsgegner als Gesamtschuldner antragsgemäß zur Beseitigung des Wintergartens verpflichtet. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner dagegen hat das LG mit Beschluss vom 22.9.2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist unbegründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Das AG habe zutreffend einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB i.V.m. §§ 13, 14, 22 WEG bejaht. Denn der eigenmächtig errichtete Wintergarten stelle eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG dar, die die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtige. Auf die Farbgebung des Wintergartens komme es dabei nicht an. Ein Nachteil i.S.v. § 14 WEG liege bereits in der durch den Anbau ermöglichten intensiveren Nutzung der Terrassenfläche zu Wohnzwecken. § 10 Abs. 2 und 5 GO stelle klar, dass weder eine bauliche Veränderung des Freisitzes noch die Schaffung zusätzlicher Räume zur privaten Nutzung gestattet sei. Durch die Errichtung des Wintergartens hätten sich die Antragsgegner zusätzlichen Wohnraum geschaffen. Dem Beseitigungsver...