Leitsatz (amtlich)
Ablehnung der Einziehung eines Erbscheins nach Erholung von Schriftgutachten zur Echtheit des Testaments und Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
Normenkette
BGB §§ 2247, 2361
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 12.08.2004; Aktenzeichen 5 T 47/01) |
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen VI 836/81) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Aschaffenburg vom 12.8.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 85.300 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser ist 1981 im Alter von 72 Jahren verstorben. Der Beteiligte zu 1) ist sein Sohn. Die Ehefrau des Erblassers ist 1993 verstorben; sie wurde von ihrer Tochter aus erster Ehe, der Beteiligten zu 2), allein beerbt.
Es liegt ein handschriftliches Testament vom 23.2.1978 vor, das im Wesentlichen wie folgt lautet:
Als meinen alleinigen Erben setze ich meine Ehefrau ein.
Das Nachlassgericht hat am 7.1.1982 der Ehefrau des Erblassers den vor ihr beantragten Erbschein als Alleinerbin auf Grund des Testaments vom 23.2.1978 erteilt. In der Folgezeit hat der Beteiligte zu 1), anwaltlich vertreten, gegen Entgelt auf Erb- und Pflichtteilsansprüche nach dem Erblasser sowie seiner Mutter verzichtet.
1992 hat der Beteiligte zu 1) Strafanzeige gegen seine Mutter sowie die Beteiligte zu 2) und deren Ehemann erstattet mit der Behauptung, das Testament vom 23.2.1978 sei gefälscht und ein früheres, ihn begünstigendes Testament unterschlagen worden. Das Verfahren wurde wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.
1998 hat der Beteiligte zu 1) beim Nachlassgericht beantragt, den Erbschein vom 7.1.1982 einzuziehen und einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweist. Das Testament vom 23.2.1978 sei nicht vom Erblasser geschrieben und unterschrieben worden, sondern von dessen Ehefrau. Der Erblasser habe lange vor seinem Tod ein Testament verfasst, das ihn - den Beteiligten zu 1) - als Alleinerbe ausweise; dieses Schriftstück sei unterschlagen worden. Die Beteiligte zu 2) hat beantragt, diese Anträge zurückzuweisen. Das Nachlassgericht hat die Beteiligten mehrmals angehört. Zu den Umständen der Hinterlegung und Abholung des Testaments vom 23.2.1978 hat es eine schriftliche Auskunft der Bank eingeholt, bei der das Testament verwahrt worden war. Ferner hat es ein graphologisches Sachverständigengutachten zur Frage der Echtheit des Testaments erstatten lassen. Darin kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, Text und Unterschrift des Testaments vom 23.2.1978 stammten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom gleichen Urheber, die Unterschrift sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberidentisch mit dem vom Erblasser stammenden Vergleichsmaterial. Hinsichtlich der Textschrift könnten nicht alle Merkmale mit Vergleichsmaterial belegt werden; sie stamme jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Erblasser.
Mit Beschl. v. 5.1.2001 hat das Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins vom 7.1.1982 und die Erteilung des vom Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Das LG hat die Beteiligten sowie den Sachverständigen Ha. angehört. Es hat einen anderen Sachverständigen mit der Erstellung eines weiteren graphologischen Gutachtens zur Frage der Echtheit des Testaments vom 23.2.1978 beauftragt.
Nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens hat das LG den Sachverständigen Dipl.-Ing. He. in Gegenwart des vom Beteiligten zu 1) hinzugezogenen Sachverständigen Dr. B. angehört. Es hat mehrere Zeugen zu der Frage vernommen, ob und wann der Erblasser ein Testament zugunsten des Beteiligten zu 1) errichtet hat. Ferner hat es - soweit noch vorhanden - die Akten der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg bezüglich der Strafanzeigen des Beteiligten zu 1) beigezogen. Mit Beschl. v. 12.8.2004 hat das LG die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine weitere Beschwerde.
II. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei von der Echtheit des Testaments vom 23.2.1978 überzeugt. Dies ergebe sich aus der schlüssigen Argumentation des Sachverständigen Dipl.-Ing. He., die auch durch die Stellungnahme des vom Beschwerdeführer hinzugezogenen Sachverständigen Dr. B. nicht erschüttert werde. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. He. sei das gesamte Schriftstück von demselben Verfasser erstellt; die Unterschrift stamme mit Wahrscheinlichkeit vom Erblasser. Das vorliegende Schriftenmaterial auch von der Ehefrau des Erblassers zeige, dass sie zwar auch mit dem Namenszug des Erblassers unterzeichnet habe. Ihre Unterschriften unterschieden sich jedoch deutlich von denjenigen, die der Erblasser selbst gefertigt habe. An Textschriften gebe es kaum Vergleichsmaterial; in Frage ...