Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Pflichten des Eigentümers, der unter einem reperaturbedürftigen Abflussrohr gelegenen Wohnung sowie Beteiligung der übrigen Eigentümer an diesem Streit
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 03.04.1989; Aktenzeichen 1 T 22055/88) |
AG München (Entscheidung vom 10.10.1988; Aktenzeichen UR II 112/88) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 3. April 1989 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Antragstellerin und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einem Altbau. Die Wohnung der Antragstellerin liegt über der Wohnung der Antragsgegner. Der Geruchsverschluß des Badewannenabflusses in der Wohnung der Antragstellerin (Siphon) ragt jedenfalls mit seinem unteren Teil in das Bad der Antragsgegner hinein. Dort befindet sich auch die Putzschraube (Öffnung zum Reinigen). Die Antragsgegner ließen in ihrem Bad im Jahre 1969 eine abgehängte Zwischendecke einziehen, so daß der Geruchsverschluß nicht mehr zugänglich ist.
Die Antragstellerin trägt vor, daß der Abfluß ihrer Badewanne seit dem Sommer 1987 verstopft sei. Mehrere Versuche, die Ursache der Verstopfung von oben her zu beseitigen, seien gescheitert. Es sei erforderlich, den Siphon an der Putzschraube zu öffnen. Dazu müsse die Zwischendecke teilweise entfernt werden.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die in ihrem Bad angebrachte Zwischendecke auf eigene Kosten so weit zu entfernen, daß der an der Decke befindliche Badewannensiphon der Antragstellerin zugänglich sei und Reparaturarbeiten an der Abflußleitung unbehindert durchgeführt werden können.
Die Antragsgegner bestreiten, daß dies zur Behebung einer etwaigen Verstopfung notwendig und daß es ihnen zumutbar sei.
Das Amtsgericht hat die einschlägigen technischen Fragen durch einen Sachverständigen begutachten lassen und die Antragsgegner mit Beschluß vom 10.10.1988 antragsgemäß verpflichtet. Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsgegner „hilfsweise” neben der Abweisung des Antrags beantragt, daß die Entfernung und Wiederanbringung der Zwischendecke sowie die Behebung aller sonstigen mit der Reparatur des Geruchsverschlusses verbundenen Schäden auf Kosten der Antragstellerin zu geschehen habe und sie nur Zug um Zug gegen Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten verpflichtet seien, die Zwischendecke zu entfernen und die Reparatur des Geruchsverschlusses von ihrem Bad aus zu dulden.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit Beschluß vom 3.4.1989 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Dieses hat das Gesetz dadurch verletzt, daß es nicht alle Wohnungseigentümer in ausreichendem Maße am Verfahren beteiligt hat (§ 43 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG; § 27 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO).
1. Im vorliegenden Verfahren geht es um Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, die sich aus der Gemeinschaft ergeben (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG). In einem solchen Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG grundsätzlich sämtliche Wohnungseigentümer einer Anlage materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, d. h. zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wonach die Entscheidung für und gegen alle Wohnungseigentümer wirkt. Die Beteiligung ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG WuM 1988, 191 und 1989, 37).
a) In dem Beschluß des Landgerichts und in einer dem Beschluß als Anlage beigefügten Liste sind zwar alle Wohnungseigentümer als weitere Beteiligte aufgeführt; in den Gründen des Beschlusses ist auch ausgeführt, die gemäß § 43 Abs. 4 WEG gebotene Beteiligung aller Wohnungseigentümer sei in der zweiten Instanz dergestalt nachgeholt worden, daß der Verwalter geladen wurde. In Wirklichkeit sind die übrigen Wohnungseigentümer aber nicht im erforderlichen Maße zum Verfahren zugezogen worden; erforderlich wäre mindestens gewesen, daß ihnen über den Verwalter als Zustellungsvertreter die Beschwerdeschrift und die Ladung zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt sowie die abschließende Entscheidung zugestellt worden wären (BayObLG WuM 1988, 191). Dies ist nicht geschehen; auch die weiteren zwischen Antragstellerin und Antragsgegner gewechselten Schriftsätze sind nicht mitgeteilt worden. Nach den bei den Akten befindlichen Vermerken ist der Verwalter zu dem „Termin zur Anhörung der Beteiligten” formlos geladen worden; außerdem wurde ihm der Beschluß vom 3.4.1989 formlos mitgeteilt. Ein Hinweis d...