Leitsatz (amtlich)

Für die Frage der Mittellosigkeit sind die tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit der Entscheidung über die Bewilligung einer Vergütung, im Beschwerdeverfahren die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung maßgebend.

 

Normenkette

BGB § 1836

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 07.07.1995; Aktenzeichen 6 T 3223/95)

AG Dachau (Aktenzeichen XVII 192/94)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 7. Juli 1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht hat im März 1994 für die Betroffene ein Betreuungsverfahren eingeleitet und am 28.3.1994 Rechtsanwalt R. zum Verfahrenspfleger bestellt.

Dieser beantragte am 15.12.1994, ihm für seine Tätigkeit bis 14.12.1994 eine Vergütung in Höhe von 1.863 DM (9 Stunden zu je 180 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) zu bewilligen. Hilfsweise beantragte er eine Vergütung aus der Staatskasse mit einem Stundensatz von 60 DM inklusive Mehrwertsteuer für 4 Stunden Arbeitszeit bis 30.6.1994 und einem Stundensatz von 75 DM inklusive Mehrwertsteuer für 5 Stunden Arbeitszeit ab 1.7.1994.

Das Amtsgericht bewilligte dem Verfahrenspfleger am 20.1.1995 eine Vergütung von 615 DM (inklusive Mehrwertsteuer) aus dem Vermögen der Betroffenen (letzteres ergibt sich aus der Nichtbeteiligung der Staatskasse sowie aus dem Umstand, daß mit der Bekanntmachung des Beschlusses die Betreuerin um entsprechende Auszahlung an den Verfahrenspfleger und andererseits dieser darum gebeten wurde, sich wegen der Auszahlung an die Betreuerin zu wenden).

Das Landgericht hat dem Verfahrenspfleger auf dessen Beschwerde am 7.7.1995 zu der Vergütung von 615 DM zusätzlich die gesetzliche Mehrwertsteuer bewilligt, das Rechtsmittel im übrigen aber zurückgewiesen. Die Ermessensausübung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden. Inzwischen habe die Betreute jedenfalls kein die Schongrenze übersteigendes Vermögen mehr.

Gegen den Beschluß des Landgerichts wendet sich der Verfahrenspfleger mit der weiteren Beschwerde, soweit seinem Vergütungsantrag nicht in voller Höhe entsprochen wurde. Bei Antragstellung habe das Vermögen der Betroffenen mindestens noch 40.000 DM betragen. Bei der Bemessung der Vergütung seien die durchschnittlichen Bürokosten einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei zu berücksichtigen und ein angemessener Verdienst zu gewährleisten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Versagung einer höheren Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen – nur dies ist Gegenstand des Verfahrens – durch das Landgericht ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Verfahrenspflegschaft ist eine Pflegschaft besonderer Art, die – wie jede Pflegschaft – grundsätzlich unentgeltlich geführt wird (§ 1915 Abs. 1, § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Der in einem Betreuungsverfahren zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt (§ 67 FGG) kann vom Betroffenen jedoch gemäß § 1835 Abs. 3 BGB Ersatz seiner Aufwendungen in Höhe der ihm nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zustehenden Gebühren oder – bei Vorliegen der Voraussetzungen – gemäß § 1836 Abs. 1 BGB eine nach seinem Zeitaufwand zu bemessende Vergütung verlangen (vgl. BayObLGZ 1993, 256/257; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1283). Ist der Betroffene mittellos, richtet sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz bzw. Vergütung gegen die Staatskasse (§ 1835 Abs. 4, § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB). Ein Anspruch gegen das Vermögen des Betroffenen kommt dann schon dem Grunde nach nicht in Betracht.

2. Der Bewilligung einer (höheren) Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen durch das Landgericht stand entgegen, daß die Betroffene im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde kein die Schongrenze übersteigendes Vermögen mehr besaß, also mittellos im Sinne des § 1836 Abs. 2 Satz 4, § 1835 Abs. 4 BGB war.

Diese Feststellung hat das Landgericht zwar nicht mit Zahlen belegt. Aus den Akten geht insoweit jedoch hervor, daß die Betroffene am 31.12.1994 über ein Vermögen von 29.898,10 DM verfügte, eine monatliche Rente von 406,09 DM bezieht und für ihre Heimunterbringung monatlich 4.383 DM aufzuwenden hat. Damit war die Betroffene am 7.7.1995 mittellos, da sich ihr Vermögen inzwischen auf unter 8.000 DM verringert hatte (vgl. zu dieser Schongrenze BayObLGZ 1995, 212/214 f.).

Bezüglich der Frage der Mittellosigkeit ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit der Entscheidung über die Bewilligung einer Vergütung abzustellen (vgl. LG Duisburg JurBüro 1993, 349). Im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung, da diese grundsätzlich nach dem zur Zeit ihres Erlasses gegebenen Sachverhalt zu ergehen hat (§ 23 FGG; vgl. BayObLGZ 1964, 71/73; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. § 23 FGG Rn. 2; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 23 Rn. 2, Jansen FGG 2. Aufl. § 23 Rn. 12, je m.w.N.).

3. Zu beachten bleibt auch hier das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius – BayObLGZ 1995, 35/37; 1990, 184/188; Bassenge/Herbst § 23 FGG Rn. 13; BGB-RGRK/Dickescheid § 1836 Rn. 31 m.w.N.), w...

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