Leitsatz (amtlich)

1. Der für einen vermögenden Betreuten in einem Unterbringungsgenehmigungsverfahren zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt kann eine Vergütung nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte als Aufwendungsersatz beanspruchen.

2. Zur Bindungswirkung einer Beschwerdeentscheidung im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.

 

Normenkette

FGG § 70b; BGB § 1836 Abs. 1, § 1835 Abs. 3; BRAGO § 112

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 14.03.1995; Aktenzeichen 13 T 1355/95)

AG Nürnberg (Beschluss vom 01.02.1995; Aktenzeichen XVII 1292/93)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. März 1995 und der Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 1. Februar 1995 aufgehoben.

II.

  1. Dem Beteiligten zu 1 wird eine Vergütung von 240 DM aus dem Vermögen der Betroffenen bewilligt.
  2. Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Auslagenersatz wird zurückgewiesen.
 

Tatbestand

I.

Im Verfahren über die von der Betreuerin beantragte Genehmigung der geschlossenen Unterbringung der Betroffenen bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 1 zum Verfahrenspfleger. Mit Schreiben vom 16.9.1994 beantragte dieser eine Vergütung von 276,40 DM (4 Stunden zu 60 DM und Fahrtkosten von 36,40 DM). Auf Antrage des Amtsgerichts teilte die Betreuerin am 13.10.1994 mit, daß sich das Vermögen der Betroffenen auf 7 200 DM belaufe. Mit Beschluß vom 18.10.1994 setzte das Amtsgericht die Vergütung antragsgemäß fest und stellte fest, daß diese aus dem Vermögen der Betroffenen zu entrichten sei. Auf die Beschwerde (eingelegt namens der Betroffenen von der Betreuerin, zu deren Aufgabenkreis auch die Vermögenssorge gehört) hob das Landgericht mit Beschluß vom 22.12.1994 den Beschluß des Amtsgerichts vom 18.10.1994 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück. In den Gründen seiner Entscheidung führte das Landgericht aus, das Vermögen der Betreuten betrage nach Mitteilung der Betreuerin nur 7 200 DM; die Betreute sei daher mittellos, der Anspruch des Verfahrenspflegers richte sich gegen die Staatskasse.

Mit Beschluß vom 1.2.1995 setzte das Amtsgericht die Vergütung gegen die Staatskasse auf 276,40 DM fest. Hiergegen wendete sich die Staatskasse mit der Begründung, die Betreute sei nicht mittellos, sie verfüge nach Mitteilung der Betreuerin vom 1.11.1994 über ein Vermögen von 8 338,04 DM. Das Landgericht wies mit Beschluß vom 14.3.1995 die Beschwerde als unbegründet zurück, da die Betreute aus den Gründen des Beschlusses vom 22.12.1994 als vermögenslos anzusehen sei. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Staatskasse.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nicht durch § 16 Abs. 2 ZSEG ausgeschlossen. Diese Bestimmung eröffnet im gerichtlichen Festsetzungsverfahren nur die Erstbeschwerde und schließt die weitere Beschwerde grundsätzlich aus (BayObLGZ 1993, 123; BayObLG FamRZ 1994, 1332; BayObLG Rpfleger 1984, 270). Dieser Ausschluß greift nach dem Sinn der in § 16 Abs. 2 ZSEG getroffenen Regelung nur ein, wenn die Höhe des festgesetzten Betrages angegriffen wird. Ziel der weiteren Beschwerde ist hier jedoch nicht eine Abänderung des im Festsetzungsverfahren zuerkannten Betrages, sondern die Feststellung, daß das Festsetzungsverfahren an sich unzulässig ist, weil die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Staatskasse nicht vorliegen. In diesem Fall steht § 16 ZSEG der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (BayObLGZ 1995 Nr. 37; OLG Köln Rpfleger 1994, 417; SchlHOLG BtPrax 1994, 139).

2. Die weitere Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts vom 14.3.1995 und des Amtsgerichts vom 1.2.1995 über die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse und zur Bewilligung einer Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen. Denn die Betroffene ist nicht mittellos im Sinn des § 1836 Abs. 2 BGB.

Diese Entscheidung ist nicht schon – verfahrensrechtlich – dadurch ausgeschlossen, daß das Landgericht in seinem Beschluß vom 22.12.1994 zu dem gegenteiligen Ergebnis gekommen ist und dieser Beschluß von keinem der Beteiligten angefochten wurde. Der landgerichtliche Beschluß vom 22.12.1994 hindert weder die Aufhebung der im Verfahren gegen die Staatskasse ergangenen Entscheidungen noch die (erneute) Festsetzung der Vergütung nach § 1836 Abs. 1 BGB. Dabei kann offenbleiben, ob eine Beschwerdeentscheidung, die im Verfahren über die Bewilligung einer Vergütung nach § 1836 Abs. 1 BGB ergeht, überhaupt eine bindende Wirkung für das Verfahren auf Festsetzung einer Vergütung gegen die Staatskasse haben kann, was mit Rücksicht auf die unterschiedliche Ausgestaltung der beiden Verfahren und die Verschiedenheit der an ihnen Beteiligten zweifelhaft sein mag. Hier braucht nicht entschieden zu werden, ob die im Beschluß vom 22.12.1994 vertretene Auffassung, die Betroffene sei mittellos, im Verfahren der Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse als bindend beachtet werden muß. Denn dem Beschluß vom ...

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