Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Fortführung eines Wohngeldinkassoverfahrens durch abberufenen Verwalter in Prozessstandschaft
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Entscheidung vom 11.10.1996; Aktenzeichen 4 T 111/96) |
AG Aschaffenburg (Entscheidung vom 03.04.1996; Aktenzeichen UR II 27/95) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 11. Oktober 1996 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 104 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin, eine GmbH, die schon vorher Verwalterin war, wurde durch Eigentümerbeschluß vom 23.9.1994 erneut zur Verwalterin bestellt.
Dieser Eigentümerbeschluß wurde jedoch für ungültig erklärt; die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig. Durch einstweilige Anordnung vom 29.5.1995 wurden für die Dauer des Anfechtungsverfahrens der Eigentümerbeschluß außer Kraft gesetzt und die Firma S. zur Verwalterin bestellt.
Die Antragstellerin macht aufgrund der dem Verwalter in der Gemeinschaftsordnung erteilten Ermächtigung in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümer Wohngeldansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend. Sie hat zunächst durch Mahnbescheid vom 22.12.1994 beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 6 980,86 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Nach Widerspruch seitens der Antragsgegnerin und Verweisung des Rechtsstreits in das wohnungseigentumsrechtliche Verfahren hat sie den geltend gemachten Betrag wegen Zahlungen der Antragsgegnerin und neu fällig gewordener Teilbeträge wiederholt geändert. Das Amtsgericht hat am 3.4.1996 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 11.10.1996 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese Zahlung von 5 103,74 DM nebst Zinsen an sich, hilfsweise an die Wohnungseigentümer beantragt hatte, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ein abgelöster Verwalter sei nur dann berechtigt, vor seiner Ablösung eingeleitete gerichtliche Verfahren fortzusetzen, wenn davon auszugehen sei, daß die Wohnungseigentümer dem zustimmten. Dies sei hier nicht der Fall. Aus einem anderen gerichtlichen Verfahren, das zur Abberufung der Antragstellerin als Verwalterin geführt habe, sei der Kammer bekannt, daß eine große Zahl von Wohnungseigentümern die Antragstellerin nicht weiter als Verwalterin haben wollten. Diese Wohnungseigentümer hielten allerdings nicht die Mehrheit der Miteigentumsanteile, weil diese die Alleingesellschafterin der Antragstellerin und deren Geschäftsführer innehätten. Entscheidend sei, ob alle anderen Wohnungseigentümer, ausgenommen die Antragsgegnerin, die Fortsetzung des Verfahrens durch die Antragstellerin wünschten. Hiervon könne im Hinblick auf die in dem anderen Verfahren bekannt gewordenen Meinungsverschiedenheiten nicht ausgegangen werden.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend ist der auf die Entscheidung des Senats in BayObLGZ 1989, 266 gestützte Ausgangspunkt des Landgerichts, daß ein Verwalter, der wie hier in zulässiger Weise in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer (s. dazu BayObLGZ 1988, 212/213) Wohngeldansprüche gegen einen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend macht, das Verfahren auch nach seiner Abberufung als Verwalter fortführen darf, sofern die Wohnungseigentümer sich nicht ausdrücklich gegen die Fortführung aussprechen. Wenn die Wohnungseigentümer die Ermächtigung des bisherigen Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs im eigenen Namen nicht ausdrücklich widerrufen haben, kann davon ausgegangen werden, daß sie die Fortführung des Verfahrens als Pflicht des abberufenen Verwalters zur Abwicklung des aufgelösten Vertragsverhältnisses ansehen. An diesem Grundsatz hat der Senat in seiner Entscheidung vom 10.8.1993 (NJW-RR 1993, 1488) festgehalten.
b) Danach liegen die Voraussetzungen, unter denen der abberufene Verwalter ein Verfahren nicht fortsetzen darf, hier nicht vor. Auch das Landgericht geht davon aus, daß ein ausdrücklicher Widerruf der Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung nicht vorliege, meint aber, aufgrund der Meinungsverschiedenheiten, die zur Abberufung der Antragstellerin als Verwalterin geführt hätten, könne nicht davon ausgegangen werden, daß sämtliche Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragsgegnerin mit der weiteren Verfahrensführung durch die Antragstellerin einverstanden sind. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(1) Zunächst kann dem Landgericht nicht ...