Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentswiderruf
Leitsatz (redaktionell)
Zum wirksamen Widerruf eines Testaments durch Vernichtung der Testamentsurkunde durch dritte als Werkzeug des Erblassers handelnde Personen.
Normenkette
BGB § 2255 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 13.08.1991; Aktenzeichen 16 T 19529/89) |
AG München (Aktenzeichen 96 VI 8790/87) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 13. August 1991 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 200.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am 17.9.1987 im Alter von 39 Jahren in München verstorbene Erblasser war ledig und hinterließ keine Abkömmlinge. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind seine Eltern; mit der Beteiligten zu 3 war er eng befreundet. Sie macht ein Erbrecht aufgrund einer letztwilligen Verfügung geltend, die die Beteiligten zu 1 und 2 am 17.8.1987 vernichtet haben.
Der Erblasser wußte, daß er wegen einer nach dem Stand der Medizin unheilbaren Krankheit nur noch begrenzte Zeit zu leben hatte. Die Beteiligte zu 3 war im Besitz eines vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und mit seinem Vornamen unterzeichneten. Briefes vom 16.6.1987, in dem auf eine sie begünstigende letztwillige Verfügung des Erblassers Bezug genommen wird und ein ihr verbleibender Betrag von „etwa 200.000 DM” genannt ist. In diesem Brief wurde die Beteiligte zu 3 auch gebeten, eine besondere Art. der Bestattung des Erblassers in die Wege zu leiten. Für die damit verbundenen Ausgaben war dem Brief ein undatierter Scheck über 15.000 DM und ein Stift, mit dem der Erblasser den Scheck ausgestellt hatte, zum Nachtragen des Datums beigefügt. Am 10.8.1987 erhielt die Beteiligte zu 3 an ihrem Wohnort … einen Abschiedsbrief des Erblassers, mit dem er sie von seiner Selbsttötung unterrichten wollte. Nach Einlösung des Schecks flog die Beteiligte zu 3 noch am 10.8.1987 nach München, um mit einem Freund des Erblassers die Wohnung des Erblassers, deren Schlüssel sie hatte, aufzusuchen. Während die Beteiligte zu 3 in einem Lokal wartete, fand der Freund des Erblassers diesen in der Wohnung nach einem Selbsttötungsversuch durch Einnahme von Tabletten noch lebend vor. Beide unternahmen zunächst nichts; am 12.8.1987 suchten sie die Wohnung des Erblassers nochmals auf. Da dieser noch lebte, veranlaßten sie seine Einweisung in ein Krankenhaus und verständigten seine Eltern. Diese kamen am 14.8.1987 nach München und fanden auf einem Marmortisch in der Wohnung des Erblassers einen Briefumschlag mit der Aufschrift „Mein Testament”, einen Brief an sie selbst, einen weiteren Brief an einen Bekannten des Erblassers und ein Blatt mit Anordnungen des Erblassers hinsichtlich seines Autos und Anweisungen für die Putzfrau. Einige Tage später zahlte die Beteiligte zu 3 den Scheckbetrag zurück.
Am 23.10.1987 beantragte die Beteiligte zu 3 einen Alleinerbschein unter Bezugnahme auf den Brief des Erblassers vom 16.6.1987. Das Testament des Erblassers, in dem sie als Erbin eingesetzt gewesen sei, sei ihr vom Erblasser überlassen worden; sie habe es auch gelesen. Sie habe dieses Testament am 13.8.1987 in die Wohnung des Erblassers gebracht und dort auf dem Marmortisch abgelegt. Auch in dem am Abend dieses Tages verbrannten Abschiedsbrief des Erblassers habe dieser sie als Haupterbin bezeichnet und verschiedene Anordnungen für den Fall seines Todes getroffen.
Die Eltern des Erblassers beantragten am 26.11.1987 einen Erbschein zu erteilen, der ausweise, daß der Erblasser von ihnen als gesetzliche Erben jeweils zur Hälfte beerbt worden sei. Das auf dem Marmortisch in der Wohnung vorgefundene Testament sei durch sie auf Anweisung des Erblassers am 17.8.1987 verbrannt worden. Auch die Beteiligte zu 3 sei vom Erblasser beauftragt worden, die in ihrem Besitz befindlichen Schriftstücke zu vernichten.
Das Nachlaßgericht hat nach Anhörung der Beteiligten und der Einvernahme von Zeugen mit Beschluß vom 21.6.1989 den Erbscheinsantrag der Eltern des Erblassers zurückgewiesen und die Erteilung eines Erbscheins gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 3 in Aussicht gestellt. Gegen diese Entscheidung haben die Eltern Beschwerde eingelegt. Nach Anhörung der Beteiligten und der Vernehmung von Zeugen sowie der Erholung von schriftlichen Stellungnahmen hat das Landgericht durch Beschluß vom 13.8.1991 den Beschluß des Nachlaßgerichts aufgehoben und dieses angewiesen, den Eltern des Erblassers einen Erbschein gemäß ihrem Antrag zu erteilen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Brief vom 16.6.1987 stelle kein Testament dar, weil er lediglich auf eine entsprechende letztwillige Verfügung Bezug nehme und ergänzende Anordnungen enthalte, die dort nicht niede...