Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 1033/92) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 8885/93) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 8. Dezember 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen haben als Gesamtschuldnerinnen die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Wohnung der Antragsgegnerin liegt über den Räumen der Antragstellerinnen.
§ 5 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) lautet:
Jeder Wohnungseigentümer haftet den übrigen Wohnungseigentümern für Schäden, die durch schuldhafte Verletzung der ihm … obliegenden Sorgfalts- und Instandsetzungspflichten an deren Sondereigentum … entstehen. Dies gilt auch für Schäden, welche durch seine Angehörigen, Hausgehilfen, Mieter oder durch sonstige Personen schuldhaft verursacht werden, wenn diese mit seinem Willen die in seinem Sondereigentum stehenden Räume aufsuchen oder sich darin aufhalten. … Es obliegt ihm der Nachweis, daß ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgelegen hat.
Am 4.8.1991 brach in der Wohnung der Antragsgegnerin am Waschbecken im Bad ein Eckventil; das austretende Leitungswasser drang in das Wohnungseigentum der Antragstellerinnen ein und richtete dort Schaden an.
Die Antragstellerinnen machen Schadensersatzansprüche geltend. Sie haben beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 10 000 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 8.4.1993 abgewiesen, das Landgericht hat die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 8.12.1993 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragstellerinnen hätten nicht dargelegt und bewiesen, daß die Antragsgegnerin ihre Instandhaltungspflicht verletzt habe. Das Gericht gehe aufgrund des Vortrags der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon aus, daß die Antragsgegnerin ihrer Instandhaltungspflicht nachgekommen sei. Die Antragsgegnerin habe eine Beobachtungspflicht gehabt, nicht aber die Pflicht, ohne Anzeichen für eine Schadhaftigkeit das Eckventil jährlich von einem Fachmann kontrollieren zu lassen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß zu keiner Zeit eine Undichtigkeit des Eckventils festgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin sei daher zu weiteren Maßnahmen nicht verpflichtet gewesen. Im übrigen stehe zur Überzeugung der Kammer fest, daß die Antragsgegnerin an dem Schadenseintritt kein Verschulden treffe. Sie habe den Beweis geführt, daß der Bruch des Eckventils für sie nicht vorhersehbar gewesen sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Jeder Wohnungseigentümer ist gemäß § 14 Nr. 1 WEG verpflichtet, die in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instandzuhalten, daß keinem der übrigen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Verletzt ein Wohnungseigentümer diese Verpflichtung, so hat er für den einem anderen Wohnungseigentümer dadurch entstehenden Schaden unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einzustehen; Voraussetzung ist allerdings, daß ihn ein Schuldvorwurf trifft (BayObLG WE 1989, 60/62; vgl. auch BayObLG WE 1989, 194; 1992, 23; Palandt/Bassenge BGB 53. Aufl. § 14 WEG Rn. 10; Weitnauer WEG 7. Aufl. § 14 Rn. 2). Weil in Wohnungseigentumssachen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 WEG i.V.m. § 12 FGG der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, ist der Frage, ob ein Verschulden vorliegt, von Amts wegen nachzugehen. Kann die Frage des Verschuldens nicht geklärt werden, kommt es darauf an, wen die Feststellungslast trifft.
b) Im vorliegenden Fall haben die Wohnungseigentümer in § 5 Abs. 1 GO, also in einer Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG, dem auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer die Pflicht auferlegt zu beweisen, daß ihn kein Verschulden trifft. Gegen eine solche Regelung der Feststellungslast bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. Palandt/Heinrichs vor § 249 Rn. 162). Sie erscheint vielmehr sachgerecht in den Fällen, in denen wie hier das schadenverursachende Ereignis im Gefahren- und Verantwortungsbereich des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers eintritt (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs § 282 Rn. 8).
c) Das Landgericht hat eine Verletzung der Instandhaltungspflicht durch die Antragsgegnerin für nicht bewiesen erachtet und ist im übrigen zu dem Ergebnis gelangt, aufgrund der Beweisaufnahme sei bewiesen, daß die Antragsgegnerin kein Verschulden an dem Schadenseintritt treffe. Die Beweiswürdigung ist Sache der Richter der Tatsacheninstanzen und vom Rechtsbeschwerdegericht nur beschränkt, nämlich auf das Vorliegen von Rechtsfehlern, nachzuprüfen. Die Beweiswürdigung muß nur möglich sein, zwingen...