Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser mehreren Personen sein Grundvermögen und Hälfteanteile an Konten zugewendet, jedoch erhebliches „Schwarzgeldvermögen” nicht erwähnt hat, und zur Aufhebung einer früheren Erbeinsetzung durch ein solches Testament.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2087, 2258
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 3198/01) |
AG Eggenfelden (Aktenzeichen VI 1025/00) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des LG Landshut vom 10.7.2002 in Ziffer I, II und IV aufgehoben.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des AG Eggenfelden vom 9.11.2001 wird zurückgewiesen.
III. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des LG Landshut vom 10.7.2002 wird zurückgewiesen.
IV. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben der Beteiligten zu 1) die im Beschwerdeverfahren und im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
V. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 750.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die 2000 im Alter von 76 Jahren verstorbene Erblasserin war geschieden. Sie hatte zwei Töchter, die Beteiligte zu 1) und die 1996 vorverstorbene K. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die beiden Kinder von K.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus in Deutschland gelegenem Immobilienvermögen und Konten bei Geldinstituten sowie aus unter Umgehung des deutschen Steuerrechts in der Schweiz gebildeten und bisher nicht genau bezifferbaren Guthaben. Nach den bisherigen Erkenntnissen beläuft sich der geschätzte Wert des Gesamtnachlasses auf ca. 3 Mio. Euro.
Am 14.4.1994 und am 7.10.1996 errichtete die Erblasserin jeweils eigenhändige geschriebene Testamente. Das frühere Testament hat folgenden Wortlaut:
Meine alleinige Erbin soll meine Tochter K. Sollte sie mein eigenes Ableben nicht erleben, sollen meine Alleinerben je zu gleichen Teilen meine Enkelkinder …
(Beteiligte zu 2) und …
(Beteiligter zu 3), die Kinder meiner Tochter K.P. 14.4.1994
Das spätere Testament hat folgenden Wortlaut:
Die Anwesen A. sollen meine Enkelkinder …
(Beteiligte zu 2). u ….
(Beteiligter zu 3) mit sämtlichem Inventar erhalten.
Ausgenommen 1 Wohnzimmer-Einrichtung m. Polstergarnitur, eine vollständige Schlafzimmer-Einrichtung m. Betten u. die Hälfte der vorhandenen Wäsche, sowie ein Bauernschrank u. 3 Stk. Perser-Teppiche. Diese Sachen gehen an meine Tochter … (Beteiligte zu 1).
Das Anwesen B. soll meine Tochter … (Beteiligte zu 1) bekommen.
Sollte einer meiner genannten Erben eines der vererbten Anwesen innerhalb von 10 Jahren verkaufen oder veräussern, gleich welcher Art, so hat er die Hälfte des Wertes an die andere Partei auszuzahlen.
Meine Conten bei der Sparkasse sollen nach Abzug v. DM 30.000 f. Grabpflege u. hl. Messen usw. die Hälfte meine Tochter … (Beteiligte zu 1), die andere Hälfte meine beiden Enkelkinder … (Beteiligte zu 2) und 3) bekommen.
Mein Sparbuch über DM ca. 6.000 DM erhält f. Grabpflege u. sonstige Hilfeleistungen Frau P.
Meinen gebrauchten Mercedes 190 D soll mein Enkel … (Beteiligter zu 3) erhalten.
Ich bitte Euch alle, meine Verfügung zu akzeptieren u. nicht zu streiten, denn ich habe Euch alle sehr geliebt.
Alles Liebe u. Gute
Eure Mutter
P. 7.10.1996.
Die Beteiligte zu 1) beantragte die Erteilung eines Erbscheins, demzufolge die Erblasserin von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 und von den Beteiligten zu 2) und 3) je zu 1/4 beerbt worden ist. Der Erbscheinsantrag wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass für die Erbfolge allein das spätere Testament vom 7.10.1996 maßgeblich sei. Aus diesem ergebe sich der Wille der Erblasserin, ihr Vermögen insgesamt nach Stämmen je zur Hälfte auf die Beteiligte zu 1) einerseits und die Beteiligten zu 2) und 3) andererseits aufzuteilen. Der Erbschein sei aber auch dann antragsgemäß zu erteilen, wenn die in dem Testament vom 7.10.1996 angeordneten Zuwendungen lediglich Vermächtnisse darstellten, da in diesem Falle gesetzliche Erbfolge, die ebenfalls zu den beantragten Erbquoten führe, eintrete.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben, gestützt auf das Testament vom 14.4.1994, die Erteilung eines Erbscheins beantragt, demzufolge die Erblasserin von den Beteiligten zu 2) und 3) je zur Hälfte beerbt worden ist. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, durch das Testament vom 7.10.1996, das keine Erbeinsetzung, sondern nur einige Vermächtnisse enthalte, sei die im Testament vom 14.4.1994 erfolgte Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) und 3) nicht widerrufen worden.
Das AG hat mit Beschluss vom 9.11.2001 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, wonach die Erblasserin von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 und von den Beteiligten zu 2) und 3) je zu 1/4 beerbt worden ist. Dieser Vorbescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Erbfolge nach dem Testament vom 7.10.1996 bestimme, das eine ggü.dem Testament vom 14.4.1994 völlig neue Regelung enthalte. Aus dem Gesamtzusammenhang des Testaments vom 7.10.1996 sei ersichtlich, dass die Erblasserin...