Leitsatz (amtlich)
Wird ein Antrag, einen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, rechtskräftig abgewiesen, kann sich ein Wohnungseigentümer, der durch den Eigentümerbeschluss zur Beseitigung einer Pergola verpflichtet wurde, ggü. dem Beseitigungsverlangen der übrigen Eigentümer nicht darauf berufen, die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich inzwischen geändert und bei anderen Wohnungseigentümern werde die Anbringung von Markisen und Katzennetzen geduldet.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 4, § 45 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 6 T 1380/02) |
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 1 UR II 39/01) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München II vom 28.10.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.556 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage mit 36 Wohnungen, 11 gewerblichen Einheiten, einer Sauna und einer Tiefgarage mit 52 Abstellplätzen. Den beiden Antragsgegnern gehört eine Wohnung im obersten Stockwerk eines Terrassenhauses. Auf der zu ihrer Wohnung gehörenden, in die Dachfläche eingeschnittenen Terrasse errichteten sie eine Pergola.
Mit Eigentümerbeschluss vom 22.7.1999 versagten die Antragsteller die nachträgliche Genehmigung der Pergola der Antragsgegner; vielmehr verlangten sie mit dem gleichen Beschluss die Beseitigung der Pergola. Dieser Eigentümerbeschluss wurde durch Beschluss des Senats vom 26.10.2000 (BayObLG, Beschl. v. 26.10.2000 – 2Z BR 71/2000; LS in NZM 2001, 771) bestandskräftig. Nachfolgenden Aufforderungen der Antragsteller, die Pergola zu beseitigen, sind die Antragsgegner nicht nachgekommen.
Daraufhin haben die Antragsteller im Juni 2001 beim AG beantragt, die Antragsgegner zur Beseitigung der Pergola und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu verpflichten.
Mit Beschluss vom 30.1.2002 hat das AG die Antragsgegner zur Beseitigung der Pergola verpflichtet, den Antrag, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, aber abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG am 28.10.2002 zurückgewiesen.
Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsgegner ihr Ziel der völligen Antragsabweisung weiter.
II. Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist unbegründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Verpflichtung der Antragsgegner zur Beseitigung der Pergola folge aus dem bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 22.7.1999. Im Anfechtungsverfahren über diesen Eigentümerbeschluss sei rechtskräftig entschieden worden, dass das Beseitigungsverlangen der Antragsteller ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Die Durchsetzung des bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses widerspreche weder dem Gleichbehandlungsgrundsatz noch der Pflicht zu ordnungsmäßiger Verwaltung noch dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es liege auch seit dem Anfechtungsverfahren keine Änderung der Sach- und Rechtslage vor, die eine Durchsetzung des Beseitigungsverlangens treuwidrig mache.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das LG hat sich erschöpfend mit den Einwendungen der Antragsgegner befasst und sie mit zutreffenden Erwägungen für unbegründet erklärt. Auf die Ausführungen des LG wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen:
Nach § 10 Abs. 4 WEG sind die Antragsgegner durch den Eigentümerbeschluss vom 22.7.1999 zur Beseitigung der Pergola auf ihrer Terrasse verpflichtet, auch wenn sie dem Beschluss nicht zugestimmt haben. Ebenso ist der Beschluss des Senats vom 26.10.2000 nach § 45 Abs. 2 S. 2 WEG für alle Beteiligten bindend, also auch für die Antragsgegner.
Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die den Entscheidungen im Verfahren über die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 22.7.1999 zu Grunde lagen, könnte nur in dem Abänderungsverfahren nach § 45 Abs. 4 WEG berücksichtigt werden, nicht aber im vorliegenden Verfahren.
Die Antragsgegner können sich auch nicht darauf berufen, sie bräuchten die Pergola nicht zu entfernen, weil bei anderen Wohnungseigentümern die Anbringung von Markisen oder Katzennetzen von den Antragstellern geduldet werde. Denn zum einen liegt es eher fern, diese Maßnahmen als in gleichem Maße gewichtig und beeinträchtigend wie den Bau der Pergola anzusehen, zum anderen gibt es keine Gleichheit im Unrecht (BayObLG v. 9.6.1993 – 2Z BR 27/93, BayObLGReport 1993, 67 = WuM 1993, 564; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 21 WEG Rz. 7; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 25 Rz. 164; Staudinger/Bub, WEG, § 21 Rz. 73).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 48 Abs. 3 WEG.
Dr. Reichold Demharter Lorbacher
Fundstellen
Haufe-Index 1103436 |
ZMR 2003, 758 |
ZfIR 2003, 792 |
WuM 2003, 415 |
ZWE 2003, 302 |
OLGR-MBN 2003, 209 |