Leitsatz (amtlich)
Der Gebrauch einer unechten Impfbescheinigung nach dem 24. November 2021 kann eine Urkundenfälschung nach § 267 Abs.1 3. Al. StGB darstellen. Dies gilt auch nach dem Auslaufen des digitalen COVID-Zertifikats.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 18.12.2023; Aktenzeichen 15 NBs 801 Js 5741/22) |
Tenor
I. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Dezember 2023 wird als unbegründet verworfen.
II. Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Mit der Revision wendet sich die Angeklagte gegen ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Dezember 2023. Das Landgericht hat die Berufung der Angeklagten gegen ein Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 21. Juni 2023 als unbegründet verworfen, nachdem das Amtsgericht die Angeklagte wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 40.- Euro verurteilt hatte.
II.
Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision ist zulässig, jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil weist keine die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler auf.
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Berufungskammer tragen eine Verurteilung der Angeklagten wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB.
a. Nach den Feststellungen des Landgerichts legte die Angeklagte, eine Rentnerin, in Kenntnis aller Umstände am 27. November 2021 in einer Apotheke in G. ein auf sie ausgestelltes Impfbuch der Weltgesundheitsorganisation vor. Es enthielt im Abschnitt "Schutzimpfungen gegen COVID-19" zwei Einträge zweier vorgeblich im Impfzentrum T. vorgenommenen Schutzimpfungen, versehen jeweils mit einem Chargenaufkleber lautend auf den Impfstoff "Comirnaty", einem Stempel und einer Unterschrift. Die Schutzimpfungen waren bei der Angeklagten nicht durchgeführt worden. Stempel und Unterschrift stammten nicht von einem im Impfzentrum T. tätigen Arzt, sondern entweder von der Angeklagten selbst oder einer unbekannten Person außerhalb des Impfzentrums. Die Angeklagte war im Besitz von weiteren Chargenaufklebern. Wie von ihr beabsichtigt erhielt sie von der Apothekerin im Vertrauen auf die Eintragungen ein digitales Impfzertifikat ausgestellt.
b. Die von der Angeklagten genutzte Impfbescheinigung im Impfpass unterfällt dem Begriff der Urkunde im Sinne des § 267 StGB. Die Eintragung einer Impfdokumentation in einen auf eine bestimmte Person ausgestellten Impfausweis stellt eine verkörperte Gedankenerklärung dar, die zum Beweis geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt (st. Rspr. zum Urkundenbegriff, vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 7/10 -, juris Rn. 4 m.w.N.; Fischer, StGB, 71. Aufl., § 267 Rn. 3; Zieschang in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 267 StGB Rn. 15 m.w.N.). Die in der ausgefüllten Zeile des Impfausweises enthaltenen Angaben über das Datum der Impfung, den Impfstoff und die Charge ergeben im Zusammenhang mit den Personalien auf dem Deckblatt des Impfausweises die Erklärung des Impfarztes, der genannten Person die bezeichnete Impfung an einem bestimmten Tag unter Verwendung eines Vakzins einer bestimmten Charge verabreicht zu haben (BGH, Urteil vom 10. November 2022 - 5 StR 283/22-, juris Rn. 36; vgl. § 22 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) in der Fassung vom 22. November 2021 wie auch in der aktuellen Fassung). Mit dem Vortrag, das Impfbuch stamme nicht von der Weltgesundheitsorganisation, sondern vom Grünen Kreuz e.V., kann die Revision mangels ordnungsgemäß erhobener Aufklärungsrüge nicht gehört werden. Der Herausgeber wäre auch nicht maßgeblich.
c. Mit der Vorlage der Impfbescheinigung im Impfpass gegenüber der Apothekerin machte die Angeklagte von einer unechten Urkunde Gebrauch.
aa. Eine gefertigte Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht. Es wird dann der Anschein erweckt, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von der sie herrührt (sogenannte Geistigkeitstheorie; vgl. Zieschang a.a.O. Rn. 142; Fischer a.a.O. Rn. 27).
bb. Die Impfbescheinigung war mit einem Stempel lautend auf das Impfzentrum T. und einer erfundenen oder nachgeahmten Unterschrift versehen. Sie erweckte den Eindruck, sie sei von einem Arzt des Impfzentrums T. erstellt worden, obwohl sie nach den Feststellungen der Berufungskammer tatsächlich nicht von einem dort tätigen Arzt herrührte (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2022 - 5 StR 283/22-, juris Rn. 37 zu einer vergleichbaren Konstellation).
cc. Nach den Feststellungen des Landgerichts liegt keine -unter den Voraussetzungen von § 279 StGB n.F. strafbare - schriftliche Lüge, sondern eine Täuschung über den Aussteller vor. Denn die Berufungskammer ist zu dem Ergebnis gekommen, dass kein am Impfzentrum tätiger Arzt unter seinem richtigen Namen eine nicht erfolgte Impfung bescheinigte. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, wer die Fälschung vorgenommen hat...