Verfahrensgang
AG Bayreuth (Entscheidung vom 05.01.2023) |
Tenor
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 05.01.2023 wird als unbegründet verworfen.
II. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 05.01.2023 im Rechtsfolgenausspruch wie folgt abgeändert:
Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße in Höhe von 1.200 Euro festgesetzt.
Dem Betroffenen wird für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge aller Art im Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Rechtskraft dieser Entscheidung.
III. Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayer. Polizeiverwaltungsamt vom 27.09.2021 wurde gegen den Betroffenen wegen einer am 25.07.2021 auf einer Staatsstraße bei W. mit einem Motorrad begangenen vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 99 km/h eine Geldbuße in Höhe von 1.200 Euro und zugleich ein mit einer Anordnung gemäß § 25 Abs. 2a StVG versehenes Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten festgesetzt. Das Amtsgericht Bayreuth verurteilte den Betroffenen, der seine Fahrereigenschaft bestritten hatte, zu einer Geldbuße von 1.200 Euro und verhängte ein mit einer Anordnung gemäß § 25 Abs. 2a StVG versehenes Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten. Das Amtsgericht stellte fest, dass besondere Härten hinsichtlich der Anordnung und der Dauer des Fahrverbots weder vorgetragen noch ersichtlich seien. Die Herabsetzung der Dauer des Fahrverbotes begründete es mit dem langen Zeitablauf zwischen Tat und Urteil, wobei es berücksichtigte, dass der Betroffene "weder vor noch nach dem verfahrensgegenständlichen Verstoß wegen Geschwindigkeitsverstößen aufgefallen" sei. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie jeweils die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat in ihren Stellungnahmen vom 25.05.2023 beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen und auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Nachprüfung des Urteils des Amtsgerichts Bayreuth aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.
1. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hält sowohl hinsichtlich der vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung als auch hinsichtlich der Fahrereigenschaft des Betroffenen der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Diesem allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.: vgl. nur BGH, Urt. v. 12.02.2015 - 4 StR 420/14 = NStZ-RR 2015, 148 und v. 01.02.2017 - 2 StR 78/16 = NStZ-RR 2017, 183). Die Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze verstößt oder gesicherten Erfahrungssätzen widerspricht (st. Rspr.: vgl. nur BGH, Urt. v. 30.03.2004 - 1 StR 354/03 = NStZ-RR 2004, 238 und v. 11.01.2005 - 1 StR 478/04 = NStZ-RR 2005, 147). Liegen derartige Rechtsfehler nicht vor, hat das Rechtsbeschwerdegericht die Beweiswürdigung hinzunehmen, und zwar auch dann, wenn eine andere Überzeugungsbildung möglich gewesen wäre oder sogar nahegelegen hätte. Es genügt, wenn die Urteilsgründe erkennen lassen, dass sämtliche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Betroffenen zu beeinflussen, in die Überlegungen einbezogen und in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. nur BGH, Urt. v. 23.07.2008 - 2 StR 150/08 = NJW 2008, 2792 m.w.N.).
Erfolgt die Identifizierung eines Betroffenen, wie hier, auf der Grundlage eines anthropologischen Sachverständigengutachtens darf sich das Gericht dem nicht einfach anschließen, da es sich nicht um eine sogenannte standardisierte Untersuchungsmethode handelt (vgl. BGH NZV 2006, 160). Will es dem Ergebnis der sachverständigen Begutachtung ohne Angabe eigener Erwägungen folgen, so müssen in den Urteilsgründen wenigstens die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen wiedergegeben werden. Daz...