Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Erbscheinserteilung. Testamentserrichtung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Beurkundung eines zur Niederschrift eines Notars errichteten Testaments (§ 2231 Nr. 1, § 2232 BGB) muß die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Hierbei ist es zulässig, den Beteiligten beim Schreiben zu unterstützen, etwa durch Halten des Armes oder der Hand. Um eine Unterstützung handelt es sich solange, als der Beteiligte den willen hat, die Unterschrift zu leisten, und dieser Wille für den Schreibvorgang bestimmend bleibt; die Unterschrift muß vom Willen des Beteiligten abhängen; sie darf nicht von einem anderen durch Führen der Hand des Testierenden ohne dessen willen hergestellt werden.
Normenkette
BGB § 2231 Nr. 1, § 2232
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 07.03.1985; Aktenzeichen 6 T 1027/84) |
AG Freising (Aktenzeichen VI 16/84) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 7. März 1985 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die dem Beteiligten zu 1 im Rechtsbeschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Am 15.1.1984 verstarb in … der ehemalige Buchhalter … (Erblasser) im …. Lebensjahr. Er hatte keine Kinder und war seit dem 27.5.1903 verwitwet. Als Angehörige hinterließ er drei Kinder seiner Schwester …, und zwar … (Beteiligter zu 1), … und …
2. Der Erblasser verfaßte am 4.8.1983 ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament, in dem er den Beteiligten zu 2 zu seinem Alleinerben bestimmte.
Am 17.10.1983 errichtete der Notar … in … eine Urkunde – URNr. …, in der es heißt, im Anwesen des Erblassers, wohin sich der Notar auf Ansuchen begeben habe, sei der Erblasser erschienen, habe seinen Personalausweis vorgelegt und erklärt, er wolle ein Testament errichten. Seine seitherigen letztwilligen Verfügungen hebe er vollinhaltlich auf. Zu seinem alleinigen und ausschließlichen Erben seines gesamten Nachlasses bestimme er den Beteiligten zu 1. Am Ende der Urkunde heißt es, sie sei vom Notar vorgelesen, vom Beteiligten (Erblasser) genehmigt und eigenhändig unterschrieben worden. Darunter befindet sich eine Unterschrift und als weitere Unterschrift diejenige des Notars.
3. Der Beteiligte zu 2 erklärte gegenüber dem Amtsgericht Freising – Zweigstelle Moosburg a.d.Isar, Nachlaßgericht, das Testament vom 17.10.1983 sei nicht vom Erblasser unterzeichnet worden. Wegen Lähmung des rechten Mittel- und Zeigefingers habe dieser nur unter größter Willensanstrengung schreiben können. Seine Schriftzüge seien demgemäß kantig gewesen und nicht so flüssig, wie im Testament vom 17.10.1983. Hierzu erklärte der Notar gegenüber dem Nachlaßgericht, der Erblasser habe seine Unterschrift auf der Urschrift des Testaments eigenhändig in seiner, des Notars, Gegenwart geleistet. Es könne zwar sein, daß dem Erblasser auf seinen Wunsch bei der Unterschriftsleistung die Hand leicht geführt worden sei. Die Unterschrift sei jedoch eindeutig von ihm geformt worden.
Mit Schreiben vom 23.4.1984 beantragte der Beteiligte zu 2 beim Nachlaßgericht „Aufhebung der Rechtsgültigkeit für das Testament vom 17.10.1983”, „Ausfertigung einer Erbgut-Vermögensaufstellung durch den derzeitig Besitzenden” und „Ausfertigung eines Erbscheines für mich gemäß Testament vom 4.8.1983”. Zur Begründung führte er aus, mit bloßem Auge sei erkennbar, daß die Unterschrift unter dem Testament vom 17.10.1983 nicht vom Erblasser herrühre, so daß dieser, wenn überhaupt zugegen, schreibunfähig gewesen sei.
Mit Beschluß vom 7.5.1984 lehnte das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten zu 2 auf Erteilung eines Erbscheines ab. Das notariell beurkundete Testament sei formgerecht unterschrieben worden und rechtswirksam.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 vernahm das Landgericht München II den Notar und zwei Angehörige des Beteiligten zu 1. Der Notar sagte aus, bei der Beurkundung habe der Erblasser sich durch Personalausweis ausgewiesen. Er habe in einem Rollstuhl gesessen. Zugegen gewesen seien auch die Ehefrau des Beteiligten zu 1 und dessen Eltern. Nachdem er, der Notar, das Testament mit dem Erblasser besprochen und vorgelesen habe, sei von einem Anwesenden geäußert worden, der Erblasser könne mit dem Unterschreiben Beschwerden haben, weil er steife Finger habe. Daraufhin habe sich die Mutter des Beteiligten zu 1 erboten, dem Erblasser bei der Unterschriftsleistung die Hand zu halten. Er, der Notar, habe sie darauf aufmerksam gemacht, daß sie die Hand halten, aber nicht führen dürfe. Daraufhin habe der Erblasser mit Unterstützung der Mutter des Beteiligten zu 1 das Testament unterschrieben. Er, der Notar, habe hierbei den Eindruck gehabt, daß der Erblasser selbst unterschrieben habe, wobei ihm die Mutter des Beteiligten zu 1 lediglich die Hand gehalten habe. Nach s...