Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Zuständigkeit des Prozessgerichts für Feststellung über Sondereigentum eines Raumes
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteiler wird der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 21. Juni 1985 in den Nummern II und III aufgehoben.
II. Die Anrufung des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hier: Gericht für Wohnungseigentumssachen) wird für unzulässig erklärt.
Die Sache wird an das zuständige Amtsgericht -Streitgericht- Augsburg verwiesen.
III. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Erstbeschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen.
Die außergerichtlichen Kosten dieser beiden Verfahrenszüge haben die Antragsteller zu tragen.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage in Augsburg. Die Antragsgegnerin vertritt die Ansicht, ein Dachraum in der Wohnanlage gehöre zu ihrem Sondereigentum.
Die Antragsteller haben beim Amtsgericht -Gericht für Wohnungseigentumssachen- die Feststellung beantragt, daß der in Rede stehende Dachraum nicht im Sondereigentum der Antragsgegnerin stehe. Das Amtsgericht -Gericht für Wohnungseigentumssachen- hat dem Antrag mit Beschluß vom 30.8.1984 entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 21.6.1985 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben (Nr. I) und den Feststellungsantrag abgewiesen (Nr. II). Die Gerichtskosten beider Rechtszüge hat das Landgericht den Antragstellern auferlegt; die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht angeordnet worden (Nr. III).
Gegen den Beschluß des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller. Sie beantragen, die Sache an das zuständige Prozeßgericht zu verweisen.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts, soweit der Feststellungsantrag abgewiesen (Nr. II) und über die Kosten entschieden wurde (Nr. III). Die Sache ist an das zuständige Prozeßgericht des ersten Rechtszugs zu verweisen.
1. Die Zulässigkeit des Wohnungseigentumsverfahrens ist auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen (BGHZ 59, 58/60; BayObLGZ 1968, 233/235; BayObLG Rpfleger 1978, 256 f.; 1979, 318; OLG Karlsruhe NJW 1975, 1976).
Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich nicht um einen Streit über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG), sondern um die Feststellung, ob ein bestimmter Raum Sondereigentum ist. Ein solcher Streit ist im Zivilprozeß auszutragen (BGHZ 73, 302/304; BayObLGZ 1970, 264/267; OLG Karlsruhe aaO; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 6, Weitnauer WEG 6. Aufl. RdNr. 4 d je zu § 43).
Auf die sofortige weitere Beschwerde ist deshalb der Beschluß des Landgerichts in den Nummern II und III aufzuheben.
2. In rechtsähnlicher Anwendung des § 17 GVG (BayObLG Rpfleger 1975, 245; 1979, 318; Senatsbeschluß vom 14.6.1985 BReg. 2 Z 37/85) ist die Anrufung des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit für unzulässig zu erklären und die Sache gemäß dem Antrag der Antragsteller an das nach § 24 Abs. 1 ZPO, § 23 Nr. 1 GVG örtlich (ausschließlich) und sachlich zuständige Amtsgericht -Streitgericht- Augsburg zu verweisen.
3. Auf Grund der Verweisung ist hinsichtlich der bisher entstandenen Verfahrenskosten § 281 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden (BGHZ 11, 43/57; 12, 52/70 f.; BayObLG Rpfleger 1979, 318). Danach werden die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten als Teil der Kosten behandelt, die bei dem aufnehmenden Gericht anfallen.
Während in Anwendung dieser Vorschrift die Entscheidung über die Tragung der bisher entstandenen erstinstanziellen Kosten dem Amtsgericht -Streitgericht- Augsburg überlassen werden muß, kann über die durch die unzulässige Anrufung des Gerichts für Wohnungseigentumssachen unnötig entstandenen Kosten der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde bereits durch das Rechtsbeschwerdegericht entschieden werden (BayObLG aaO m.Nachw.). Diese sind (abgesehen von den Gerichtskosten) gemäß § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO den Antragstellern aufzuerlegen (BayObLG aaO). Von der Erhebung von Gerichtskosten wird für beide Beschwerdeverfahren abgesehen (§ 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO).
4. Die Entscheidung über den Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 2 WEG.
Unterschriften
Prof. Dr. O, A, K
Fundstellen