Leitsatz (amtlich)
Einem Betreuer steht die Aufwandsentschädigung nach § 1836a BGB auch dann zu, wenn er ein Elternteil des Betreuten ist.
Normenkette
BGB § 1836a
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 15.08.1995; Aktenzeichen 13 T 6754/95) |
AG Neustadt a.d. Aisch (Beschluss vom 04.07.1995; Aktenzeichen XVII 37/94) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. August 1995 wird verworfen, soweit sie sich dagegen wendet, daß der Antrag der Betreuerin auf Fahrtkostenerstattung zurückgewiesen wurde.
II. Im übrigen wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. August 1995 aufgehoben und die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluß des Amtsgerichts Neustadt a.d. Aisch vom 4. Juli 1995 zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Beschluß vom 21.4.1994 bestellte das Amtsgericht die Mutter des Betroffenen zu dessen Betreuerin für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögens sorge. Mit Schreiben vom 30.5.1995 beantragte diese, ihr eine pauschale Aufwandsentschädigung sowie Fahrtkostenerstattung für 6290 km Besuchsfahrten zu ihrem Sohn zu gewähren. Mit Beschluß vom 4.7.1995 setzte das Amtsgericht die Aufwandsentschädigung und den Aufwendungsersatz auf insgesamt 2.909,75 DM fest und ordnete die Erstattung aus der Staatskasse an. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors hob das Landgericht mit Beschluß vom 15.8.1995 den Beschluß des Amtsgerichts auf und lehnte den Antrag der Betreuerin vom 30.5.1995 ab. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betreuerin.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist nicht zulässig, soweit sie sich dagegen wendet, daß das Landgericht unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts den Antrag auf Gewährung von Aufwendungsersatz für Besuchsfahrten zurückgewiesen hat.
Sie ist durch § 16 ZSEG ausgeschlossen, der über § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB zur Anwendung kommt. § 16 ZSEG schließt im gerichtlichen Festsetzungsverfahren die weitere Beschwerde grundsätzlich aus. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt bezüglich des Anspruchs auf Erstattung der Fahrtkosten nicht vor, insbesondere hat das Landgericht diesen Anspruch nicht mit der Begründung verneint, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Staatskasse lägen nicht vor (vgl. BayObLGZ 1995, 212 f.).
Das Landgericht hat ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob im Einzelfall einer Betreuerin, die zugleich Mutter des Betreuten ist, bei besonderen Aufwendungen ein Erstattungsanspruch nach § 1835 BGB zugebilligt werden könne. Die Betreuerin habe nämlich nicht dargelegt, inwiefern Fahrten zu dem Betreuten im Rahmen der Aufgabenkreise der Betreuung erforderlich gewesen seien. Vielmehr habe die Betreuerin mit einer Besuchsfahrt im Monat ihrer mütterlichen Pflicht entsprochen.
Das Landgericht hat also nicht in Abrede gestellt, daß auch einer Betreuerin, die Mutter des Betreuten ist, ein Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB zustehen könne; sondern es hat diesen Anspruch abgelehnt, weil von der Betreuerin nicht schlüssig dargelegt worden sei, daß die Fahrten zu ihrem Sohn durch die Wahrnehmung von Betreueraufgaben verursacht worden seien.
2. Soweit die weitere Beschwerde den Antrag auf Aufwandsentschädigung weiterverfolgt, ist sie zulässig.
Sie ist insoweit nicht durch § 16 Abs. 2 ZSEG ausgeschlossen, da sie die Feststellung anstrebt, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Staatskasse vorliegen (BayObLGZ a.a.O. m.w.N.).
3. Soweit sie zulässig ist, ist die weitere Beschwerde auch begründet.
a) Das Landgericht hat ausgeführt, es vertrete in Übereinstimmung mit den Landgerichten Passau und München I die Meinung, daß einer Betreuerin, die zugleich ein Elternteil eines Betreuten sei, für geringfügige Aufwendungen eine Aufwandsentschädigung gemäß § 1836a BGB nicht zugebilligt werden könne. Ihr sei vielmehr wegen der Unterhaltspflicht und der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme zuzumuten, solche geringfügigen Belastungen hinzunehmen.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Zur Abgeltung geringfügiger Aufwendungen kann der Vormund nach § 1836a BGB, der gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB auch für Betreuer gilt, für jede Vormundschaft (Betreuung), für die er keine Vergütung erhält, jährlich eine Aufwandsentschädigung in Höhe des Fünfzehnfachen des Betrages beanspruchen, der von einem Zeugen als Höchstbetrag pro Stunde gefordert werden kann.
In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob dieser Betrag auch unterhaltspflichtigen Betreuern zusteht.
(1) Wie das Landgericht verneinen einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung für Elternteile, die Betreuer ihres Kindes sind, u.a. das Landgericht Passau (JurBüro 1993, 734), das Landgericht Ingolstadt (Rpfleger 1994, 354) und das Landgericht München I (FamRZ 1995, 116) sowie Knittel (BtG § 1836a BGB Rn. 2a). Die besondere Pflichtenlage im Eltern-Kind-Verhältnis rechtfertige es, die Eltern bezüglich des Anspruchs auf Aufwandsentschädigung anders zu behandeln als ande...