Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung des Testamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Vertretung gemeinsamer minderjähriger Kinder durch ihre Mutter im Verfahren zur Entlassung des Testamentsvollstreckers und im Verfahren der Geschäftswertfestsetzung hierfür, wenn der verstorbene Ehemann und Vater die Kinder zu Alleinerben eingesetzt, insoweit Testamentsvollstreckung durch einen Dritten angeordnet und seine Ehefrau enterbt hat.
2. Im Rahmen der Geschäftswertfestsetzung kann je nach den Umständen auch der tatsächlich an die Ehefrau gezahlte Pflichtteil als wesentlicher Anhaltspunkt für die Ermittlung des Nachlasswertes dienen.
3. Als Geschäftswert eines auf Entlassung des Testamentsvollstreckers gerichteten Beschwerdeverfahrens können 10 % des Wertes des zu verwaltenden Reinnachlasses angenommen werden, bei Dauervollstreckung im Einzelfall auch 20 %.
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 08.01.2003; Aktenzeichen 3 T 2613/02) |
AG Würzburg (Aktenzeichen 2 VI 685/97) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG Würzburg vom 8.1.2003 i.d.F. des Abhilfebeschlusses vom 25.3.2003 wird in Ziff. 4 aufgehoben.
II. Der Geschäftswert für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren wird auf 122.710 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der 1997 verstorbene Erblasser hat durch Testament vom 31.1.1991 seine Söhne, die Beteiligten zu 1), beide geboren 1986, zu Erben zu je 1/2 und seinen Bruder, den Beteiligten zu 2), als Testamentsvollstrecker bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Söhne eingesetzt. Dieses Inhalts wurde am 2.6.1998 ein Erbschein und am 30.12.1997 ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausgestellt.
Mit Schriftsatz vom 30.11.1999 beantragte die Witwe des Verstorbenen und Mutter der Beteiligten zu 1) namens der Letzteren die Entlassung des Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker.
Diesen Antrag wies das AG am 4.10.2000 mit einer ausführlichen Begründung betreffend die Eignung des Beteiligten zu 2) zurück.
Mit Schriftsatz vom 22.3.2001 legte die Mutter der Beteiligten zu 1) in deren Namen gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
Das LG hat die Beschwerde am 8.1.2003 mit der Begründung verworfen, die Mutter der Beteiligten zu 1) könne ihre minderjährigen Söhne nicht wirksam vertreten, weil der Nachlass durch den Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker verwaltet werde, sie daher von der Verwaltung und damit von der Vermögenssorge kraft Bestimmung des Erblassers insoweit ausgeschlossen sei. Es hat zugleich den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 387.486 Euro festgesetzt.
Gegen diese Festsetzung des Geschäftswerts richtet sich die Beschwerde, welche wiederum die Mutter der Beteiligten zu 1) in deren Namen durch Schriftsatz vom 18.2.2003 hat einlegen lassen. Im Wege der Abhilfe hat das LG am 25.3.2003 den Geschäftswert auf 350.615 Euro herabgesetzt.
Am 24.1.2003 hat die Mutter der Beteiligten zu 1) mehrere Testamente vorgelegt, die nach ihren Angaben vom Erblasser herrühren und erst jetzt aufgefunden wurden. Sie datieren alle nach dem Testament, das bisher für maßgeblich gehalten wurde und weichen inhaltlich davon erheblich ab; insb. ist in ihnen keine Testamentsvollstreckung angeordnet.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 31 Abs. 3 S. 1 KostO). Es handelt sich dabei um eine Erstbeschwerde, die innerhalb der in § 31 Abs. 1 S. 3 KostO bestimmten Frist eingelegt werden muss (§ 31 Abs. 3 S. 2 KostO; vgl. BayObLGZ 2003, 87 f.).
Das hiernach rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel ist auch i.Ü. zulässig. Die Beteiligten zu 1) werden im vorliegenden Beschwerdeverfahren durch ihre Mutter wirksam vertreten.
a) Nach dem Tode eines Elternteils steht im Regelfall die elterliche Sorge, welche die Vermögenssorge und die Vertretung des gemeinsamen Kindes insoweit einschließt (§ 1626 Abs. 1, § 1629 Abs. 1 S. 1 BGB), dem anderen Elternteil allein zu (§ 1680 Abs. 1 BGB). Die Vermögenssorge umfasst grundsätzlich auch das Recht und die Pflicht zur Verwaltung von ererbtem Vermögen der minderjährigen Kinder (vgl. BayObLG FamRZ 1989, 1342 [1343]).
b) Dies gilt jedoch nicht, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass der überlebende Elternteil dieses Vermögen nicht verwalten soll (§ 1638 Abs. 1 BGB). Eine solche Bestimmung muss nicht ausdrücklich erfolgen. Es genügt, wenn sie, auch nur unvollkommen, in der letztwilligen Verfügung zum Ausdruck kommt. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung allein genügt zwar hierfür nicht (BayObLG FamRZ 1989, 1342 [1343]), kann aber je nach den Umständen des Einzelfalles als Anhaltspunkt für eine solche Bestimmung in Betracht kommen (zu pauschal abl. unter Berufung auf die genannte Entscheidung Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl. § 1638 Rz. 4). Enterbt der Erblasser daneben seinen Ehegatten, ohne dass die Ehe geschieden ist (anders gelagert sowohl bei BayObLG FamRZ 1989, 1342 [1343], als auch OLG Frankfurt v. 16.12.1996 – 20 W 597/95, OLGReport Frankfurt 1997,...