Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gemeinschaftlichkeit eines Testaments steht es nicht entgegen, wenn die Eheleute in zwei getrennten Urkunden testiert haben.

 

Normenkette

BGB § 2265

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 16.07.1990; Aktenzeichen 16 T 543/90)

AG München (Aktenzeichen 97 VI 6333/88)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 16. Juli 1990 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die durch die weitere Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 187 500 DM festgesetzt. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 21. August 1990 wird auf den Betrag von 187 500 DM abgeändert.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin verstarb im Alter von 68 Jahren und war verheiratet. Sie hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann zwei Kinder, den Beteiligten zu 2 und eine Tochter. Außerdem hatten die Eheleute ein nichteheliches Kind des Beteiligten zu 2 als Minderjährigen adoptiert. Die Beteiligte zu 1 ist die eheliche Tochter des Beteiligten zu 2. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Miteigentumsanteil an einem Wohnhaus.

Jeder der beiden Eheleute hat am 4.8.1964 auf getrennten Urkunden ein Testament errichtet. Die Erblasserin hat eigenhändig geschrieben:

Testament !

Hiermit bestätige ich, daß nach meinem Tod mein Mann … alleiniger Erbe von unserem gesamten Hab und Gut Hausbesitz Inventar und Bargeld ist.

München den 4.8.1964

Der Ehemann der Erblasserin hat eigenhändig geschrieben:

Testament!

Hiermit bestätige ich, daß nach meinen Tod meine Frau … alleinige Erbin von unseren gesamten Hab u. Gut Hausbesitz Inventar u. Bargeld ist

München den 4.8.64

Es liegt eine weitere handschriftlich verfaßte Urkunde vor:

Testament 26.4.88

Nach meinem Ableben setze ich meine Enkelin … (= Bet. zu 1) als alleinige Erbin meines Anteils am Anwesen Grütznerstraße 2 ein.

… (= Erblasserin)

PS Bekanntgabe erst nach meinem Ableben”

Aufgrund dieses Testaments beantragte die Beteiligte zu 1 einen Alleinerbschein. Der Witwer beantragte demgegenüber einen Erbschein als alleiniger Erbe aufgrund des Testaments vom 4.8.1964. Er behauptete, das Testament vom 26.4.1988 sei gefälscht. Auch sei die Erblasserin damals wegen einer Erkrankung und der damit verbundenen Behandlung testierunfähig gewesen. Außerdem sei das Testament vom 4.8.1964 gemeinschaftlich und wechselbezüglich; es sei nicht wirksam widerrufen und stünde einer Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 entgegen. Das Nachlaßgericht hat ein Schriftgutachten erstatten lassen, zur Testierfähigkeit und über andere Vorgänge Zeugenbeweis erhoben.

Am 7.12.1989 hat das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag des Witwers, damals Beteiligter zu 2, zurückgewiesen und angekündigt, der Beteiligten zu 1 einen Alleinerbschein zu erteilen, wenn gegen den Beschluß nicht binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt werde.

Der damalige Beteiligte zu 2 hat Beschwerde eingelegt. Die Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Der Beschwerdeführer ist am 9.2.1990 verstorben und von seinem Sohn, dem jetzigen Beteiligten zu 2, allein beerbt worden. Dieser hat das Rechtsmittel aufrechterhalten. Das Landgericht hat es mit Beschluß vom 16.7.1990 zurückgewiesen und dem Beteiligten zu 2 auch die Erstattung derjenigen außergerichtlichen Kosten auferlegt, die der Beteiligten zu 1 entstanden sind. Den Geschäftswert hat das Landgericht durch Beschluß vom 21.8.1990 auf 250 000 DM festgesetzt und dabei einen Nachlaßwert von 1 000 000 DM zugrundegelegt.

Der Beteiligte zu 2 hat gegen den Beschluß vom 16.7.1990 weitere Beschwerde eingelegt. Die Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Begründete Zweifel an der Echtheit des Testaments und an der Testierfähigkeit der Erblasserin bestünden aufgrund der vom Nachlaßgericht durchgeführten Ermittlungen nicht mehr. Die Erblasserin habe ihr erstes Testament durch das vom 26.4.1988 wirksam widerrufen. Dem Wortlaut des Testaments vom 4.8.1964 könne nicht der Wille entnommen werden, mit dem Ehemann ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, so daß eine Bindungswirkung gemäß § 2271 Abs. 1, § 2270 BGB nicht entgegenstehe. Zwar könnten Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament auch in zwei getrennten Urkunden errichten; der erforderliche Wille sei aber aus den beiden Testamenten vom 4.8.1964 nicht zu ersehen, wobei unterstellt werden könne, daß die beiden Testamente am selben Tag errichtet worden seien. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Umstände reichten nicht dafür aus, ein gemeinschaftliches Testament anzunehmen. Eine gemeinschaftliche Erklärung lasse sich nicht ersehen; daher genüge es nicht, daß die Testamente am selben Tag und am selben Ort errichtet worden seien, um als gemeinschaftliches Testament erkennbar zu sein. Dem stehe auch entgegen, daß das Testament der Erbl...

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