Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses (§ 2368 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann wie die eines Erbscheins angekündigt und davon abhängig gemacht werden, daß gegen diesen Vorbescheid nicht innerhalb bestimmter Frist Beschwerde eingelegt werde. Für das Testamentsvollstreckerzeugnis gelten wie beim Erbschein die Richtigkeitsvermutung (§ 2365 BGB) und der öffentliche Glaube (§§ 2366, 2367 BGB).

2. Bei einem wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Testament (§ 2270 BGB) ist die Anordnung von Testamentsvollstreckung der teilweise Widerruf einer sonst unbeschränkten Erbeinsetzung (Palandt/Edenhofer § 2271 Anm. 1 b). Ein solcher Widerruf bedarf der Form des § 2296 BGB (§ 2271 Abs. 1 Satz 1 BGB) und kann nicht wirksam durch einseitiges Testament geschehen.

 

Normenkette

BGB §§ 2270-2271, 2365-2368

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 20.04.1990; Aktenzeichen 16 T 2163/90)

AG München (Aktenzeichen 95 VI 3711/89)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 20. April 1990 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 20. April 1990 wird in Nr. II dahin abgeändert, daß der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens insgesamt 55.000 DM beträgt.

 

Tatbestand

I.

Die im Alter von 74 Jahren verstorbene Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann hatten keine Kinder. Die Beteiligte zu 7 ist die Schwester des Ehemannes. Die Beteiligten zu 4 bis 6 sind Witwe sowie Kinder eines am 14.4.1990 verstorbenen Vetters des Ehemannes der Erblasserin. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester der Erblasserin. Die Beteiligte zu 2 ist die Tochter der Beteiligten zu 1. Der Beteiligte zu 8 ist der Bruder der Erblasserin, die Beteiligte zu 3 dessen Tochter.

Die Erblasserin und ihr Ehemann haben am 16.7.1987 ein von beiden unterzeichnetes gemeinschaftliches Testament errichtet. Es lautet im Eingang:

„Unser Testament

Wir die Eheleute …, wohnhaft in … setzen uns gegenseitig zu unbeschränktem Alleinerben ein.”

„Auf den Tod des Letztlebenden” haben sie den Beteiligten zu 2 und 3 jeweils eine Eigentumswohnung „als Vermächtnis” zugewendet.

Außerdem liegen drei mit „Testament” überschriebene Urkunden vor, welche die Erblasserin mit der Hand geschrieben und allein unterzeichnet hat. Die auf den 1.11.1988 datierte Urkunde lautet einleitend;

„Testament

Sollte ich … wohnhaft in … Letzt-Sterbende sein bestimme ich hinsichtlich des gesamten Nachlaßes wie folgt: …”

Es folgen Zuwendungen einzelner Vermögensgegenstände an einige der Beteiligten.

Eine auf den 11.1.1989 datierte Urkunde lautet einleitend:

„Testament

Nach unserem Ableben berufen wir zu unseren Erben: …”

Auch dieses Schriftstück enthält Zuwendungen einzelner Vermögensgegenstände an einige Beteiligte und eine Regelung der Grabpflege.

Das auf den 17.2.1989 datierte Schriftstück lautet auf der einen Seite:

„Testament

Nach unserem Ableben berufen wir zu unseren Erben …”

Auch in diesem Schriftstück werden einigen Beteiligten einzelne Vermögensgegenstände zugewendet. Außerdem wird eine Anordnung zu den Beerdigungskosten und zur Grabpflege getroffen.

Auf der anderen Seite dieses Blatts steht handschriftlich verfaßt:

„Zu unserem Testament-Vollstrecker bestimmen wir meinen Bruder, … (= Bet. zu 8) – im Verhinderungsfalle dessen Tochter … (= Bet. zu 3) – beide wohnhaft …

Muß heißen 1989 … (= Erblasserin) … (= Erblasserin) 18. Januar 1988.

Der Ehemann der Erblasserin ist am 7.3.1989 verstorben, die Erblasserin am 7.4.1989.

Der als Testamentsvollstrecker benannte Beteiligte zu 8 hat beim Nachlaßgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben sich dagegen gewendet. Mit Beschluß vom 12.12.1989 hat das Nachlaßgericht angekündigt, es werde das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilen, sobald bestimmte erforderliche Angaben gemacht und eine eidesstattliche Versicherung abgegeben sei, sofern nicht binnen zwei Wochen Beschwerde gegen diesen Beschluß eingelegt werde. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben Beschwerden eingelegt, denen die übrigen Beteiligten entgegengetreten sind. Das Nachlaßgericht hat nicht abgeholfen.

Das Landgericht hat die Beschwerden durch Beschluß vom 20.4.1990 zurückgewiesen und hat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 150.000 DM festgesetzt. Gegen den am 27.4.1990 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 2 am 18.5.1990 „weitere sofortige Beschwerde” eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung für den Fall beantragt, daß nur ein befristetes Rechtsmittel zulässig sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie konnte ohne Fristbindung eingelegt werden, weil schon der Beschluß des Nachlaßgerichts nicht mit sofortiger Beschwerde angefochten werden mußte (§ 29 Abs. 2 FGG); denn § 81 Abs. 1 FGG trifft nicht zu. Das Nachlaßgericht hat nicht einen Testamentsvollstrecker ernannt (§ 2200 Abs. 1 BGB), sondern die Erteilung eines T...

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