Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Sonderumlage bei sog. "steckengebliebenem Bau"

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 26.11.1997; Aktenzeichen 14 T 92/97)

AG Erlangen (Entscheidung vom 04.11.1996; Aktenzeichen 1 UR II 18/96)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. November 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 100 000 DM festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung durch das Amtsgericht und das Landgericht werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; der weitere Beteiligte ist Verwalter.

Mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Beschluß (TOP 3) vom 26.2.1996 beschlossen die Wohnungseigentümer den infolge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Bauträgers steckengebliebenen Bau fertigzustellen. Außerdem (TOP 5) beschlossen sie, für die Fertigstellung der Wohnanlage eine Sonderumlage in Höhe von 350 000 DM zu erheben, wobei jeder Wohnungseigentümer pro Tausendstel Miteigentumsanteil 350 DM zahlen soll.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 5 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 14.11.1996 den Antrag abgewiesen. Am 26.11.1997 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der angefochtene Eigentümerbeschluß sei nicht zu beanstanden. Der Beschlußgegenstand sei im Einladungsschreiben genügend bezeichnet gewesen, indem dort ausgeführt worden sei: „Beschlußfassung über die Zahlungsweise der Fertigstellungskosten”. Die Wohnungseigentümer seien von der Verwalterin auch genügend darüber informiert worden, mit Kosten in welcher Größenordnung zu rechnen sei; der Einladung zur Eigentümerversammlung sei nämlich die Aufstellung des Architekten F. über die voraussichtlichen Kosten der Fertigstellung beigefügt worden. Der Kostenvoranschlag habe einen Betrag von ca. 435 000 DM ausgewiesen. Nicht entscheidungserheblich sei der Einwand der Antragstellerin, ihr fehle die Kontrollmöglichkeit über die Verwendung der von ihr anteilig zu entrichtenden Gelder. Über konkrete Fertigstellungsmaßnahmen sei nämlich erst am 26.4.1996 beschlossen worden. Die Antragstellerin habe auch diese Beschlüsse angefochten. Die entsprechenden Verfahren seien jedoch für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluß aufgrund des – zwischenzeitlich – bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses über die Fertigstellung des steckengebliebenen Baus einen Vorschuß (Sonderumlage) zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen eingefordert haben.

Die Höhe der Sonderumlage hat sich am geschätzten Finanzbedarf auszurichten. Es ist also eine Prognose der erforderlichen Kosten notwendig. Dabei ist eine großzügige Handhabung zulässig. Erst wenn die benötigten Gelder erheblich zu niedrig oder erheblich zu hoch angesetzt werden, sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verletzt (BayObLG NJW-RR 1991, 1360 f.; KG NJW-RR 1995, 357; Palandt/Bassenge BGB 57. Aufl. § 28 WEG Rn. 4). Ein solcher Fall liegt hier im Hinblick auf die Kostenaufstellung des Architekten F., die der Einladung zur Eigentümerversammlung beigelegen hat, nicht vor.

Offenbleiben kann, ob die Wohnungseigentümer auch Baumaßnahmen planen, die von den ursprünglichen Plänen abweichen und die nicht mehrheitlich beschlossen werden können (vgl. Weitnauer/Lüke WEG 8. Aufl. § 22 Rn. 29). Dies ist für die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses ohne Bedeutung; dieser bringt eindeutig zum Ausdruck, daß die Sonderumlage für die Fertigstellung der Wohnanlage, d.h. für Baumaßnahmen entsprechend der Teilungserklärung, benötigt wird. Abgesehen davon sind konkrete Baumaßnahmen am 26.2.1996 noch nicht beschlossen worden.

Im übrigen hat die Antragstellerin lediglich ausgeführt, es sei geplant, die Außenanlagen anders zu errichten als in der Teilungserklärung vorgesehen. Selbst wenn dies als richtig unterstellt wird, ist aber im Hinblick auf die Kostenaufstellung des Architekten F. nicht ersichtlich, daß die beschlossene Sonderumlage erheblich zu hoch angesetzt worden ist.

b) Die durch die Fertigstellungsarbeiten entstehenden Kosten sind gemeinschaftliche Kosten im Sinn des § 16 Abs. 2 WEG. Schon daraus folgt, da auch in der Gemeinschaftsordnung nichts Abweichendes vereinbart ist, die Verpflichtung jedes Wohnungseigentümers gegenüber den anderen Wohnungseigentümern, die Kosten nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu tragen.

Dahinstehen kann, ob beim steckengebliebenen Bau eine Abweichung von der Regel des § 16 Abs. 2 WEG zu ...

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