Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Duldungspflicht bei beschlossener, nachteiliger baulicher Veränderung
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 12.04.1989; Aktenzeichen 1 T 3423/88) |
AG München (Entscheidung vom 22.01.1988; Aktenzeichen UR II 855/87) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen die Nummern 1 und 2 des Beschlusses des Landgerichts München I vom 12. April 1989 und die Beschwerde der Antragsgegner gegen die Nummer 3 dieses Beschlusses (Geschäftswert) werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Wohnung des Antragstellers liegt im Erdgeschoß. Das Küchenfenster liegt in einer Ecke, in der zwei Haus wände im rechten Winkel aneinerstoßen. In der anderen Wand, ebenfalls unmittelbar in der Ecke, befindet sich die Hauseingangstür. Direkt über der Tür ist ein schmales Vordach angebracht.
In der Versammlung vom 14.5.1986 beschlossen die Eigentümer mit Zustimmung eines Vertreters des Antragstellers, den Hauseingang zu überdachen, „wobei der Beirat darauf zu achten hat, daß Art und Material dem Haus angepaßt werden, keine Lärmbelästigung entsteht, die daneben liegende Wohnung (= die Wohnung des Antragstellers) nicht benachteiligt wird und die Kosten dafür DM 5 000,– nicht überschreiten”. Dadurch sollte ein Schutz gegen Feuchtigkeit (Schnee, Nässe) und herabfallende Gegenstände (vor allem Eis) geschaffen werden.
Der Verwalter ließ mit Billigung des Verwaltungsbeirats über dem Hauseingang und dem bereits vorhandenen Vordach ein Dach aus Plexiglas in der Weise anbringen, daß das Küchenfenster des Antragstellers in voller Breite darunter liegt. Der Antragsteller sieht darin erhebliche Nachteile (weniger Licht in der Küche, Hitzestau, Ansammlung von Insekten). Er hat beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, das Hausvordach auf ihre Kosten zu beseitigen. Die Antragsgegner sind der Meinung, daß der Antragsteller das Vordach dulden müsse.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegner mit Beschluß vom 22.1.1988 antragsgemäß verpflichtet. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 12.4.1989 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
Inzwischen hatten die Eigentümer in der Versammlung vom 28.4.1988 in Abwesenheit des Antragstellers zum Tagesordnungspunkt 10 „Beschlußfassung über die Veränderung am Vordach Haus 4” den Stand des Verfahrens erörtert. Laut Protokoll lehnte die Versammlung zunächst einen vom Antragsteller unterbreiteten Vergleichs Vorschlag aus mehreren Gründen ab; sie genehmigte sodann „einstimmig das angebrachte Vordach als optimale Lösung in jeder Hinsicht für alle Beteiligten im Sinne des Beschlusses” und bat weiter das Gericht um sachgerechte Entscheidung unter Berücksichtigung einiger im einzelnen dargelegter Gesichtspunkte. Der Eigentümerbeschluß wurde nicht angefochten.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Beseitigungsanspruch sei begründet. Grundlage für das Anbringen des Vordachs sei der bestandskräftige Eigentümerbeschluß vom 14.5.1986. Der Beschluß sei nicht auf etwas Unmögliches gerichtet und damit nicht nichtig. Er sei dahin auszulegen, daß die Wohnung des Antragstellers den geringstmöglichen Nachteil erleiden sollte. Dies sei bei der jetzigen Ausführung nicht der Fall. Es seien andere Ausführungen denkbar, die den Antragsteller weniger belasten würden, z. B. ein kleineres oder ein höher gesetztes Dach. Inwieweit dies noch den erstrebten Zweck erfülle, könne allerdings derzeit nicht beurteilt werden. Die Antragsgegner hätten bisher nicht konkret gesagt, welchem Zweck das Vordach überhaupt dienen solle.
In der jetzigen Form müsse der Antragsteller das Dach nicht hinnehmen. Es liege auf der Hand, daß es in der Küche durch das Dach dunkler geworden sei. Dies gelte ganz besonders angesichts der unvermeidbaren Ablagerung von Schmutz, Schnee und Eis.
Der Antragsteller müsse das Dach auch nicht hinnehmen, weil sein Vertreter in der Versammlung vom 14.5.1986 zugestimmt und er während der Bauarbeiten nicht widersprochen habe. Bei der Abstimmung sei keine bestimmte Ausführungsart festgelegt worden.
Auf die einstimmige Genehmigung der Eigentümerversammlung vom 28.4.1988 könnten sich die Antragsgegner gleichfalls nicht berufen. Es handle sich insoweit um einen Beschluß, der sanktionieren solle, daß der Antragsteller Beeinträchtigungen seines Sondereigentums hinnehmen müsse. Ein solcher Eigentümerbeschluß sei weder eine Gebrauchsregelung nach § 15 WEG noch betreffe er die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 21 WEG. Eine Beschlußfassung sei insoweit gesetzlich nicht vorgesehen und keine Rechtsgrundlage für das be...