Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Widerruf einer Gestattung sowie Herausgabe von Gebrauchsvorteilen
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 04.12.1997; Aktenzeichen 1 T 10438/97) |
AG München (Entscheidung vom 16.05.1997; Aktenzeichen UR II 1140/96) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 4. Dezember 1997 und des Amtsgerichts München vom 16. Mai 1997 aufgehoben.
II. Der Anspruch des Antragstellers auf Zahlung einer Entschädigung für die Benutzung der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Fläche durch Abstellen von zwei Müllbehältern in der Zeit vom 1. Mai 1992 bis 30. Juni 1996 ist unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung dem Grunde nach gerechtfertigt.
III. Wegen der Entscheidung über die Höhe des Anspruchs wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus einem Vorder- und einem Rückgebäude bestehenden Wohnanlage. Dem Antragsteller gehört das Rückgebäude und ein Wohnungseigentum im Vordergebäude. Außerdem ist ihm die Sondernutzung der zum Rückgebäude gehörenden Hoffläche eingeräumt. Auf dieser Fläche wurden jahrelang, insbesondere in der Zeit vom 1.5.1992 bis 30.6.1996 zwei große Müllbehälter abgestellt, die vor allem der Müllentsorgung des Vordergebäudes dienten.
In der Eigentümerversammlung vom 19.6.1985 beschlossen die Wohnungseigentümer:
Ein weiterer Container wird neben dem bisherigen Müllbehälter abgestellt. … (= Antragsteller) als Inhaber des Sondernutzungsrechts im Hof gestattet es vorerst ohne Abstellkosten. Bei der nächsten Versammlung soll über eine Gebühr entschieden werden.
Mit Schreiben vom 7.4. und 4.5.1992 verlangte der Antragsteller die Entfernung der Müllbehälter zum 1.5.1992 und bot deren Belassen auf der Sondernutzungsfläche gegen Bezahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 260 DM an. Die Wohnungseigentümer lehnten dies ab.
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegner zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1.5.1992 bis 30.6.1996 in Höhe von 13.000 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Zur Begründung hat er vorgetragen, er hätte den von den Müllbehältern eingenommenen Platz zum Abstellen von zwei Kraftfahrzeugen für monatlich 260 DM vermieten können. Das Amtsgericht hat den Antrag am 16.5.1997 abgewiesen und das Landgericht die Beschwerde durch Beschluß vom 4.12.1997 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zum Erlaß einer Grundentscheidung.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ein Schadensersatzanspruch wegen Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht komme nicht in Betracht. Die Besitzentziehung sei nicht widerrechtlich gewesen. Die Wohnungseigentümer hätten nämlich 1985 die Aufstellung eines weiteren Containers mehrheitlich beschlossen. Die Mülltonnen hätten auch an keinem anderen Platz abgestellt werden können. Der Antragsteller habe aufgrund der bestehenden Schutz- und Treuepflichten die Aufstellung des zweiten Containers dulden müssen. § 14 Nr. 4 WEG beziehe sich nur auf Sondereigentums-, nicht aber auf Sondernutzungsflächen. Im übrigen wäre der Anspruch auf Nutzungsentschädigung verwirkt. Die Mülltonnen seien seit 1958 immer an derselben Stelle gestanden. Der Antragsteller habe damit seit Jahrzehnten das Abstellen ohne Entgelt geduldet.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Grunde nach gerechtfertigt. Dies wird in entsprechender Anwendung des § 304 Abs. 1 ZPO ausgesprochen. Da Grund und Höhe des geltendgemachten Anspruchs streitig sind und der Senat über die Höhe nicht abschließend entscheiden kann, wird insoweit die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
a) Dem Antragsteller ist an der Hoffläche, die zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer steht, durch § 5 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. Damit sind die übrigen Wohnungseigentümer von dem ihnen an sich zustehenden Mitgebrauch der Fläche gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 WEG ausgeschlossen; der Antragsteller ist zum alleinigen Gebrauch berechtigt. Ihm stehen damit die Gebrauchsvorteile zu, die die Hoffläche mit sich bringt (§ 100 BGB). Nach dem letzten Absatz von § 5 der Gemeinschaftsordnung sind Sondernutzungsrechte wie Sondereigentum zu behandeln. Der Antragsteller ist damit entsprechend § 13 Abs. 1 WEG berechtigt, mit der Hoffläche grundsätzlich nach Belieben zu verfahren, sie insbesondere zu vermieten, zu verpachten oder in sonsti...