Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Erteilung von Auskünften über einen Verstorbenen durch den Standesbeamten aus dem Sterbebuch, wenn der mit dem Verstorbenen nicht verwandte Antragsteller ein berufliches Forschungsinteresse (hier: Musiklexikon) geltend macht.
Normenkette
PStG §§ 37, 45, 61
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 02.12.1997; Aktenzeichen 13 T 8261/97) |
AG Nürnberg (Beschluss vom 19.08.1997; Aktenzeichen UR III 295/97) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. Dezember 1997 aufgehoben.
II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 19. August 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Sache an das Standesamt der Stadt Nürnberg zur erneuten Verbescheidung des Auskunftsbegehrens zurückgegeben wird.
Tatbestand
I.
Der in Frankreich wohnhafte Beteiligte zu 1 hat beim Standesamt beantragt, ihm Ort und Datum des Ablebens des am 1.9.1917 geborenen Musikwissenschaftlers und Musikpädagogen M. bekannt zu geben, welcher 1939 zur Wehrmacht einberufen, zur Promotion beurlaubt gewesen und nach einem Fronteinsatz vermutlich Kriegsopfer geworden sei. Zur Begründung hat der Beteiligte zu 1 vorgetragen, er benötige die Daten für seine Arbeit an einem deutschen Musikerlexikon 1920 bis 1980, in dem 5 500 Musikschaffende vorgestellt werden sollen.
Das Standesamt hat die Auskunft abgelehnt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 19.8.1997 den Antrag des Beteiligten zu 1, das Standesamt zur Auskunfterteilung anzuhalten, zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 2.12.1997 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben sowie festgestellt, daß der Beteiligte zu 1 vom Standesamt Auskunft darüber verlangen kann, wann und wo M. geb. am 1.9.1917, verstorben sei. Gegen diese, ihr am 7.1.1998 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 12.1.1998 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde (Beteiligte zu 2).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde (§§ 45 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den amtsgerichtlichen Beschluß mit der Maßgabe, daß die Sache zu erneuter Behandlung an das Standesamt zurückgegeben wird.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Antrag des Beteiligten zu 1 sei weder auf Einsicht in ein Personenstandsbuch noch auf Erteilung einer Personenstandsurkunde gerichtet, sondern nur auf Erteilung einer Auskunft, und zudem nur auf Bekanntgabe der Sterbezeit nach Jahr und Tag sowie des Sterbeortes nach der politischen Gemeinde, in welcher der Betroffene verstorben sei. Eine Auskunft aus dem Sterbebuch über diese eingeschränkten Daten sei nicht von vornherein und in vollem Umfang an die strengen Voraussetzungen des § 61 PStG gebunden.
Es könne nicht als Wille des Gesetzgebers aufgefaßt werden, die Kenntnis dieser allgemeinen Angaben einem Antragenden auch dann „vorzuenthalten”, wenn dieser wie hier kein rechtliches Interesse, sondern nur ein berechtigtes Interesse daran habe, in einem Lexikon zutreffende Angaben über die Lebensdaten der von ihm beschriebenen Personen zu veröffentlichen. Datenschutzrechtliche Bedenken stünden der gewünschten Auskunft nicht entgegen, da der Betroffene verstorben sei. Auch das bayerische Meldegesetz bestimme, daß Sterbetag und Sterbeort bei Vorliegen eines berechtigten Interesses mitgeteilt werden könnten und daß die vorgesehene Unterrichtung des Betroffenen entfalle, wenn dieser verstorben sei. Es bestehe kein Grund, dieselbe Auskunft durch das Standesamt als unzulässig anzusehen, wenn sie von der Meldebehörde zulässig erteilt werden könne, und die dortigen Schutzvorschriften für den Betroffenen nicht in Frage kämen, weil dieser nach Auskunft seiner Schwägerin vor einigen Jahren verstorben sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 550 ZPO).
a) Gegenstand des von dem Beteiligten zu 1 gemäß § 45 Abs. 1 PStG gestellten Antrags ist eine Auskunft über die in das Sterbebuch einzutragenden Angaben über Ort und Zeitpunkt des Todes (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 PStG).
b) Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PStG kann Einsicht in die Personenstandsbücher – zu denen das Sterbebuch gehört (§ 37 PStG; Hepting/Gaaz PStG § 61 Rn. 9), – Durchsicht dieser Bücher und Erteilung von Personenstandsurkunden nur von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit sowie von Personen verlangt werden, auf die sich der Eintrag bezieht, sowie von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen.
c) Alle sonstigen Personen – zu denen der Beteiligte zu 1 gehört – haben nur dann ein Recht auf Einsicht in die Personenstandsbücher, auf Durchsicht dieser Bücher und auf Erteilung von Personenstandsurkunden, wenn sie ein rechtliche...