Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert es nicht, dass das Beschwerdegericht auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung hinweist, die bereits vom AG zitiert ist, wenn das Beschwerdegericht diese Rechtsprechung ebenso würdigt wie das AG.
2. Im Fall der Nichteinhaltung der Einberufungsfrist zu einer Eigentümerversammlung ist ein Beschluss jedenfalls dann für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass er bei rechtzeitiger Einberufung so nicht zustande gekommen wäre.
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 18.12.2003; Aktenzeichen 6 T 6247/03) |
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 1 UR II 41/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG München II vom 18.12.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das LG zurückverwiesen.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.395 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1) haben einen Miteigentumsanteil von 381/1000, der Antragsgegner zu 2) einen solchen von 238/1000. Den Antragstellern gehört die Eigentumswohnung gemeinsam.
Ob rechtsgeschäftliche Regelungen zum Stimmrecht getroffen worden sind, hat das LG nicht festgestellt.
In der Eigentümerversammlung vom 13.5.2003 waren nur die Antragsgegner anwesend. Nach Bestellung der Antragsgegnerin zu 2) zur Verwalterin wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2.4 mit den Stimmen des Antragsgegners zu 2) bei Stimmenthaltung der Antragsgegnerin zu 1) der Antrag auf Abschluss eines Verwaltungsvertrags mit der Antragsgegnerin zu 1) angenommen.
Die Antragsteller haben den Beschluss über den Abschluss des Verwaltervertrags angefochten. Zur Begründung haben sie angeführt, dass die Einlandung zur Eigentümerversammlung ihnen erst am 8.5.2003 zugegangen sei und dass die Eigentümerversammlung zum Tagesordnungspunkt "Abschluss des Verwaltervertrags" nicht beschlussfähig gewesen sei, da die Antragsgegnerin zu 1) vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei. Die Antragsgegner haben für den Zugang der Einladung bereits am 5.5.2003 Zeugenbeweis angeboten. Das AG hat den im Rechtsbeschwerdeverfahren allein noch verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses zum Verwaltervertrag abgewiesen. In der Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Antragsteller seien dem Vortrag der Antragsgegner zur rechtzeitigen Ladung nicht mehr entgegengetreten.
Die Antragsteller haben gegen den Beschluss des AG sofortige Beschwerde eingelegt und im Beschwerdeschriftsatz erneut die nicht rechtzeitige Einladung gerügt. Das LG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 18.12.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Versammlung sei auch bei der Abstimmung über den Verwaltervertrag beschlussfähig gewesen, da die Antragsgegnerin zu 1) nicht nach § 25 Abs. 5 WEG von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen sei. Auf den umstrittenen Ladungsmangel ist das LG nicht eingegangen.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das LG hat nicht dadurch gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) verstoßen, dass es nicht rechtzeitig auf die Entscheidung des BGH v. 19.9.2002 (BGH v. 19.9.2002 - V ZB 30/02, BGHReport 2002, 1071 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 ff. = WuM 2003, 47 ff.) hingewiesen bzw. den Antragstellern nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hätte. Das Problem des Stimmrechtsausschlusses wurde nämlich bereits im Verfahren vor dem AG schriftsätzlich erörtert und ist auch in den Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung ausführlich und unter Anführung von Literatur und Rechtsprechung behandelt. Dabei ist insb. darauf hinzuweisen, dass das AG die vorgenannte Entscheidung des BGH bereits zitiert hat, wenn auch mit der Fundstelle "WM 03, 47". Wenn das LG auf dieselbe Entscheidung, allerdings mit der Fundstelle "NJW 2002, 3704" erneut hingewiesen hat, so ist nicht ersichtlich, inwieweit dadurch das rechtliche Gehör der Antragsteller verkürzt worden sein soll. Eine Hinweispflicht des Beschwerdegerichts auf Entscheidungen, die bereits vom Erstgericht zitiert worden sind, besteht jedenfalls dann nicht, wenn das Beschwerdegericht die zitierte Entscheidung in gleicher Weise heranzieht wie das Erstgericht.
Da somit kein Verfahrensverstoß vorliegt, können die Antragsteller mit ihrem neuen Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (§ 27 Abs. 1 FGG).
Das LG hat keine Feststellungen getroffen, die einen Stimmrechtsausschluss der Antragsgegnerin zu 1) nach § 25 Abs. 5 WEG bei der Abstimmung über den Verwaltervertrag rechtfertigen würden. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des LG wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
b) Die Entscheidung des LG kann ...