Leitsatz (amtlich)
1. Auch ein Betreuer, der nur eine einzige Betreuung übernommen hat, kann Berufsbetreuer sein.
2. Ein Rechtsanwalt, der als Berufsbetreuer die Bewilligung einer Vergütung aus der Staatskasse gemäß § 1836 Abs. 2 BGB beantragt, kann nicht darauf verwiesen werden, daß er Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB geltend machen müsse.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 20.02.1998; Aktenzeichen 5 T 5445/97) |
AG Augsburg (Aktenzeichen XVII 878/94) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 20. Februar 1998 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht bestellte am 30.5.1997 anstelle der Eltern zwei Rechtsanwältinnen zu Betreuerinnen der Betroffenen. Der Betreuerin zu 2) (im folgenden nur: Betreuerin) übertrug es nur den Aufgabenkreis „Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Bezug auf Arztfehler bei der Operation der Betroffenen im Jahre 1994”. Die Betreuerin beantragte, ihr für den Zeitraum vom 14.7. bis 11.8.1997 für ihren Zeitaufwand von zehn Stunden aus der Staatskasse eine Vergütung von 1 150 DM (einschließlich Mehrwertsteuer) zu bewilligen. Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht am 21.10.1997. Auf die Beschwerde der Staatskasse hob das Landgericht mit Beschluß vom 20.2.1998 die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies den Vergütungsantrag zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betreuerin.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist nicht durch § 16 Abs. 2 ZSEG i.V.m. § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 4 Satz 2, § 1836 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, weil es um die Frage geht, ob eine Inanspruchnahme der Staatskasse überhaupt in Betracht kommt (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1160; BGH BtPrax 1997, 29; BayObLGZ 1995, 212).
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Betreuerin habe keinen Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1, Abs. 2 BGB, sondern nur einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 1835 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 BGB. Ihr sei lediglich eine Tätigkeit übertragen worden, für die eine Betreuungsperson, die nicht Rechtsanwalt sei, anwaltschaftliche Hilfe in Anspruch genommen hätte. Nachdem die Betreuerin damit ausschließlich Dienste leiste, die zu ihrem Beruf gehörten, könne sie nach § 1835 Abs. 3 BGB Aufwendungsersatz gemäß der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung verlangen und nicht Vergütung nach Stunden gemäß § 1836 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Ein Rechtsanwalt als Betreuer, der ausschließlich anwaltschaftliche Tätigkeiten erbringe, solle an die Rahmengebühren der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung gebunden und nicht unkalkulierbar nach Zeitaufwand vergütet werden. Er habe kein Wahlrecht, ob er nach § 1836 Abs. 1 BGB oder § 1835 Abs. 3 BGB abrechne. Da die Betroffene mittellos sei, richte sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB gegen die Staatskasse. Aufwendungsersatz könne die Betreuerin allerdings nur für erforderliche Aufwendungen verlangen. Dazu gehörten Prozeßkosten dann nicht, wenn Prozeßkostenhilfe in Anspruch genommen werden könne. Andernfalls wären Mittellose, die einen Betreuer nicht notwendig hätten, in Bezug auf eine Prozeßführung schlechter gestellt, als solche, für die ein Betreuer zu bestellen sei. Da die Betreuerin für die Betroffene bisher weder einen Prozeßkostenhilfeantrag gestellt noch Klage eingereicht, sondern im Vorstadium ein Schlichtungsverfahren angestrengt habe, sei sie gemäß § 1835 Abs. 3 BGB auf die Möglichkeit der Beratungshilfe gemäß §§ 131 ff. BRAGO zu verweisen. Der Betreuerin sei daher derzeit ein Aufwendungsersatz vollends zu versagen bzw. sei sie erst nach Versagung von Prozeßkostenhilfe als Betreuerin entsprechend aus der Staatskasse zu entschädigen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.
Einem Berufsbetreuer ist nach § 1836 Abs. 2 BGB (i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB) eine Vergütung aus der Staatskasse zu bewilligen, wenn der Betreute mittellos ist.
Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Landgerichts vor.
a) Die Beschwerdeführerin ist Berufsbetreuerin. Ihr ist zwar nur eine, die verfahrensgegenständliche, Betreuung übertragen. Eine Betreuung wird aber „im Rahmen der Berufsausübung” geführt, wenn sie nicht mehr dem Leitbild der echten Einzelbetreuung entspricht und nicht mehr als Erfüllung einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht angesehen, sondern nur im Rahmen einer Berufstätigkeit erwartet werden kann (BayObLGZ 1995, 332; vgl. BVerfGE 54, 251, 272; KG BtPrax 1996, 184/185; Knittel Betreuungsgesetz § 1836 BGB Rn. 24).
So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat hierzu offensichtlich die Feststellungen des Amtsgerichts übernommen. Danach wurde die Beschwerdeführerin wegen ihrer besonderen Qualifikation und ihrer Fachkenntnisse für den betreffenden Aufgabenkreis...